Wieder einig: Roman Zitzelsberger (IG Metall, links) und Stefan Wolf (Südwestmetall) – hier ein Bild vom Abschluss der Tarifrunde 2018. Foto: dpa/Marijan Murat

Wenige Tage nach dem Pilotabschluss für die Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen herrscht auch in Baden-Württemberg wieder Tariffrieden. Der Ärger der Südwestarbeitgeber ist verraucht – die IG Metall ist ihnen ein Stück entgegengekommen.

Stuttgart - Der Pilotabschluss für die Metall- und Elektroindustrie gilt jetzt auch in Baden-Württemberg – die Unternehmen im Land können sich nun voll auf die Bewältigung der Corona-Krise konzentrieren. Wie am Montag bekannt wurde, hatten sich die Verhandlungskommissionen beider Seiten bereits am Sonntag getroffen, um den sogenannten „Solidartarifvertrag 2020“ zumindest in relevanten Teilen zu übernehmen.

Damit wurden auch die Unstimmigkeiten beseitigt, die am Freitag vor allem aufseiten der Arbeitgeber noch aufgekommen waren. Denn die hatten mit dem Abschluss so ihre Probleme, nachdem die Tarifpartner in NRW eine Lösung gefunden hatten, die eher auf ihre eigenen Bedürfnisse zugeschnitten war.

Kurzarbeiterregelung wird nicht übernommen

Ein zentrales Element der Pilotvereinbarung, die Zuschussregelungen zum Kurzarbeiterentgelt, wird nicht übernommen, weil es in Baden-Württemberg infolge der Krise 2008/2009 weitergehende Zuzahlungen der Unternehmen gibt. Selbst bei „Kurzarbeit null“ im Falle des Produktionsstopps – der momentan für viele Firmen greifbar oder schon eingetreten ist – bekommen die Beschäftigten mindestens 80,5 Prozent des normalen Monatsnettogehalts.

Erregt hatten sich die Südwestarbeitgeber vor allem über eine andere Regelung, mit der sie zusätzliche Kosten auf sich zukommen sahen. Demnach erhalten Mitarbeiter, die in der Corona-Krise Kinder bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres zu betreuen haben, weil Schulen und Kitas wegen des Gesundheitsschutzes geschlossen wurden, bis zu fünf Tage zusätzliche Freizeit. Der Protest hat gewirkt, denn die IG Metall ist Südwestmetall an der Stelle entgegengekommen. Es gibt die fünf Tage zwar, aber nur noch bis zum 31. März, also kommenden Dienstag. Vor der Inanspruchnahme müssen aber, wie in Nordrhein-Westfalen, die Bedingungen erfüllt sein, dass etwa alle Resturlaubsansprüche und alle Guthaben auf Arbeitszeitkonten verbraucht sind – zudem müssen bis maximal 21 Negativstunden auf den Konten verzeichnet sein und die aus dem Tarifabschluss 2018 resultierenden Freistellungstage, T-Zug genannt, genutzt worden sein. Kurz gesagt: In den Genuss der neu vereinbarten fünf Tage dürfte praktisch fast kein Beschäftigter im Land mehr kommen.

„Die Krise jetzt gemeinsam meistern“

Südwestmetall-Verhandlungsführer Stefan Wolf zeigte sich entsprechend zufrieden: „Unsere Unternehmen sind bereits im Krisenmodus, und wir alle wissen nicht, wie es weitergeht – es durfte in dieser Tarifrunde daher unter keinen Umständen zu weiteren Belastungen unserer Betriebe kommen.“ Dieses Ziel sei nun erreicht worden. Gegen Ende der Woche muss noch der Mitgliederrat von Südwestmetall zustimmen, dann wird der Tarifvertrag endgültig unterzeichnet. Er gilt bis zum 31. Dezember 2020. Der IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger erläuterte: „Nach den am Wochenende in Italien angekündigten Betriebsschließungen hat sich die Situation der baden-württembergischen Betriebe nochmals verschärft.“ Weite Teile der Industrie hätten ihre Produktion bereits heruntergefahren oder bereiteten dies vor. Mit dem Tarifabschluss übernähme man Verantwortung in schwieriger Zeit. „Jetzt geht es in erster Linie darum, gemeinsam die Krise zu meistern.“

Zudem haben sich die Unterhändler darauf verständigt, die Gespräche zur Modernisierung der Manteltarifverträge für Auszubildende sowie zu den vormals aufgerufenen Themen, wie der betrieblichen Bewältigung der Transformation, nach dem Abklingen der Pandemie fortzusetzen – wann das sein kann, ist völlig offen. Auch wollen beide Seiten schnellstmöglich beraten, wie sie einen Beitrag zur Bewältigung der Corona-Krise leisten können. Da hilft es natürlich, dass zwischen den Tarifvertragsparteien wieder Frieden eingekehrt ist.