Wenn’s doch nur eine wäre. Tapinoma magnum kann Superkolonien entwickeln. Foto: A. Bellersheim

Kolonien der invasiven Ameisenart Tapinoma magnum sind in Winnenden entdeckt worden. Experten warnen vor Superkolonien – und geben Tipps zur Erkennung und Bekämpfung.

Sie sind kaum größer als ein Reiskorn – doch können sie Stromnetze lahmlegen, Gehwege unterhöhlen und riesige Superkolonien bilden: Tapinoma magnum. Die invasive Ameisenart, die schon in Kehl und Tübingen für Probleme sorgt, ist nun auch im Rems-Murr-Kreis aufgetaucht: In Winnenden wurden im Juni zwei Kolonien eindeutig identifiziert – laut dem Landratsamt handelt es sich im Kreis um die ersten bestätigten Nachweise der schwer zu bekämpfenden Großen Drüsenameise.

Tapinoma magnum: Ameisenplage in Hertmannsweiler

Betroffen ist laut der Behörde bislang ausschließlich die Stadt Winnenden: der Ortsteil Hertmannsweiler sowie das Stadtgebiet selbst. Am Georg-Brandt-Weg wurde eine Kolonie an einem Gehweg entdeckt, eine weitere am Baacher Weg, wo die Insekten im Bereich von Hauseingang, Einfahrt, Wintergarten und Gehweg vorkamen.

Auch Winnendens Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth bestätigt die Funde, die sich jedoch alle auf Privatgrund befänden. „Nach unserem Kenntnisstand haben die Ameisen noch keine größeren Schäden verursacht“, so Holzwarth. Die Stadt selbst sei nicht zuständig – die Verantwortung liege bei den jeweiligen Eigentümern. Anders liegt der Fall im Nachbarkreis. In Esslingen wurden die Ameisen an einer Lärmschutzwand gefunden - die Stadt Esslingen will Tapinoma magnum dort in den Griff bekommen.

Tapinoma magnum – Experten raten zur Wachsamkeit

Dass ein Befall erhebliche Folgen haben kann, zeigt das Beispiel Kehl. Dort drangen die Ameisen in Kabelschächte und Verteilerkästen ein – es kam zu Strom- und Internetausfällen. Auch Gehwege und ein Spielplatz mussten gesperrt werden, weil der Boden durch unterirdische Tunnelgänge der Tiere unterhöhlt war. In Winnenden ist es bislang nicht so weit gekommen – doch Experten raten zur Wachsamkeit.

Tapinoma magnum weist typische Merkmale auf. Foto: A. Bellersheim

Wie verbreitet die Art hierzulande tatsächlich ist, lässt sich derzeit schwer abschätzen. Klar ist: Die Zahl der Meldungen steigt. „Wir bekommen jedenfalls immer mehr, was vermutlich an der gestiegenen Sensibilität für das Thema liegt“, sagt Amelie Höcherl vom Naturkundemuseum Stuttgart. Gemeinsam mit dem Karlsruher Partnerinstitut koordiniert sie das sogenannte Tapinoma-Projekt, welches Vorkommen der Tiere bundesweit sammelt und bewertet.

Tapinoma magnum wird als invasive Art eingestuft

Tapinoma magnum wird als potenziell invasive Art eingestuft. Der Grund: Sie besiedelt erfolgreich Gebiete weit außerhalb ihres natürlichen Ursprungs – dem Mittelmeerraum – und verdrängt dabei heimische Ameisenarten. Anders als bei vielen einheimischen Arten lebt in einem Nest nicht nur eine Königin, sondern oft Dutzende bis Hunderte fortpflanzungsfähige Weibchen. Dadurch wachsen die Kolonien ungewöhnlich schnell und stark.

In der Summe entstehen daraus sogenannte Superkolonien mit bis zu Hunderttausenden Arbeiterinnen, die sich über ganze Straßenzüge hinweg erstrecken können. „Die Kolonien sind meist grundstücksübergreifend“, erklärt Amelie Höcherl vom Naturkundemuseum Stuttgart. Eine klare Grenze zwischen einzelnen Nestern existiere nicht – die Tiere erkennen sich gegenseitig und agieren wie ein einziges großes System. Das mache sie besonders hartnäckig – und ihre Bekämpfung entsprechend schwierig.

Tapinoma magnum: Wie erkennt man die Ameisenart?

Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Wer genau hinschaut, kann Tapinoma magnum oft selbst erkennen – beziehungsweise viele falsche Verdachtsfälle von vornherein ausschließen. Typische Merkmale der invasiven Ameise:

  • Verhalten: Breite, mehrspurige Ameisenstraßen; starkes Ausströmen vieler Tiere bei Störung; auffälliger, feinkrümeliger Sandauswurf rund um die Nesteingänge.
  • Farbe und Größe: Komplett schwarz gefärbt, ohne bräunliche Partien; Arbeiterinnen zwischen 2–4 mm groß, in deutlich unterschiedlichen Größen gemeinsam unterwegs.
  • Körperbau: Der sogenannte Knoten (Stielchen) zwischen Brust und Hinterleib ist flach und von oben kaum sichtbar – ein zentrales Unterscheidungsmerkmal für Fachleute.
  • Geruch: Bei Reizung oder Zerdrücken verströmt die Ameise einen stechend-chemischen, schwer beschreibbaren Geruch.

Treffen diese erwähnten Kriterien nicht zu, handelt es sich wahrscheinlich um eine der über 120 anderen in Deutschland vorkommenden Ameisenarten. Diese stellen in der Regel keine Bedrohung für Haus und Garten dar, im Gegenteil, sie sind ein wichtiger Bestandteil unseres Ökosystems, erklären die Biologen.

Als Hauptursache für die Einschleppung gilt der Handel mit mediterranen Kübelpflanzen. „Die Verbreitungsquelle ist nach wie vor nicht geschlossen“, warnt Manfred Verhaagh vom Naturkundemuseum Karlsruhe. Viele Verkaufsstellen – etwa Gartencenter, Baumärkte oder Baumschulen – nähmen ihre Verantwortung nicht wahr und könnten unbeabsichtigt zur weiteren Ausbreitung beitragen, sagt er.

Ameisen reisen in Kübelpflanzen

Auch Privatpersonen sollten aufmerksam sein: „Jeder Käufer von Oliven-, Zitrus- Feigenbäumen und anderen Kübelpflanzen sollte darauf achten, keine Töpfe mit Ameisen zu kaufen“, betont der Fachmann. Wer Ameisen in einem Wurzelballen entdeckt, sollte die Pflanze keinesfalls einpflanzen oder auf den Kompost geben. Sicherer ist es, die Tiere mit heißem Wasser abzutöten oder die Pflanze im luftdicht verschlossenen Restmüll zu entsorgen.

Expertenrat: Ameisenbefall erkennen und richtig handeln

Vor jeder Maßnahme raten Fachleute dazu, sich gründlich zu informieren – etwa über die bebilderten Onlinehilfen des Naturkundemuseums. So lassen sich viele falsche Verdachtsfälle im Vorfeld ausschließen. Wird ein Befall bestätigt oder ist er bereits großflächig, sollte ein professioneller Schädlingsbekämpfer eingeschaltet werden – der Einsatz von Insektiziden gehört ausdrücklich in erfahrene Hände.

Empfohlen wird außerdem, die Gemeinde zu informieren. Denn nur ein koordiniertes Vorgehen auf öffentlichen wie privaten Flächen kann eine weitere Ausbreitung wirkungsvoll eindämmen.