Die Talkrunde am Dienstagabend bei Markus Lanz diskutierte über die Energiepreise und ihre Folgen (Archivbild). Foto: dpa/Markus Hertrich

Die hohen Energiepreise können die Gesellschaft spalten. Davor warnte die Gesprächsrunde in der Talkshow „Markus Lanz“. Die Teilnehmer vermissen eine klare Strategie der Regierung.

Die Gasumlage hat das Potenzial die Gesellschaft zu spalten, sagte die Journalistin Anja Maier in der Talkshow „Markus Lanz“ am Dienstagabend. „Sie vermittelt den Bürgern ein Gefühl von Ungerechtigkeit“. Maier kritisierte jedoch zugleich den Umgang mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). „Was über Habeck ausgekippt wird, ist nicht mehr zivilisiert“, sagte die Berlinkorrespondentin (unter anderem „Zeit“ und „Weser Kurier“). Die riesige Empörung darüber, dass Multis sich durch die Umlage weiter bereichern könnten, fand Lanz kaum nachvollziehbar. Zu 95 Prozent komme die Umlage denen zugute, die sie benötigen würden.

Ökonom vermisst politische Strategie

Angesichts der stark steigenden Gaspreise warnte der Ökonom Marcel Fratzscher: „Wir laufen sehenden Auges in eine soziale Katastrophe“. 40 Prozent der Deutschen hätten keine Rücklagen, „viele verlassen sich auf den Sozialstaat“. Fratzscher sprach von einer Verdreifachung des Gaspreises und geht davon aus, dass es einen weiteren Preisanstieg geben werde. Umso wichtiger wäre, dass die Politik handle, sagte der Leiter des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.

Doch Fratzscher vermisst bei der Bundesregierung eine klare Strategie. Die geplante Senkung der Mehrwertsteuer als Mittel der Entlastung zum Ausgleich der Gasumlage nannte er „nicht zielgenau“. Zielführend sei dagegen der Ausbau der erneuerbaren Energien. Das muss, so der Ökonom, „viel schneller gehen“.

Dass der Gasimporteur Uniper mit Milliarden vom Staat gestützt wird, befürwortet Fratzscher, „sonst wären die Gaspreise noch höher“, sagte er. „Es ist aber nicht richtig, das Private dafür zahlen müssen“. Besser wäre Fratzscher zufolge, „der Staat würde das komplett machen“ und etwa den größeren Teil des Unternehmens verstaatlichen.

Falscher politischer Kurs

Dass sich der Gasversorger fast ausschließlich von russischem Gas abhängig gemacht hatte, geht auf den „falschen politischen Kurs zurück“, auf den das Unternehmen aufgesetzt habe, erklärte der Bundestagsabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff (FDP). Deutschland wollte billiges Gas und Russland galt als verlässlicher Partner. „Auch im Kalten Krieg hat die Sowjetunion immer geliefert“, sagte die Journalistin Kathrin Witsch vom „Handelsblatt“. „Das war politisch unterstützt“ und der „Mythos hat verfangen“.

Die Haltung änderte sich jedoch nach dem Kalten Krieg und dem Ende der Sowjetunion, betonte Lambsdorff. Russland wolle nicht wie einst die Sowjetunion den geopolitischen Status Quo erhalten, „Russland will Veränderungen“.

Kritik an Kriegsmüdigkeit

Der Politiker geht davon aus, „Putin will die Ukraine auslöschen“. Er warnte vor Kriegsmüdigkeit in Europa. „Da sind sechs Monate nichts“, sagte Lambsdorff mit Blick auf Putins Kriegsziel. Die Ampelkoalition gibt derzeit ein zerstrittenes Bild ab, aber Lambsdorff lobte Kanzler Olaf Scholz, der die Ukraine unterstützen will, solange es nötig ist. „Da ist die Bundesregierung auf einem guten Weg“, sagte der FDP-Abgeordnete.

Kritik übte die Runde an den Äußerungen von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Der hatte geraten, man solle den Krieg einfrieren. In Lambsdorffs Augen macht Kretschmer „eine sehr unglückliche Figur“. Die Journalistin Anja Maier erklärte die Haltung Kretschmer mit der Situation in Sachsen. „Im Osten Deutschlands schwindet die Zustimmung zum Krieg, vor allem wenn die Preise weiter steigen“. Die Runde war sich aber einig, mit seinen Äußerungen schwäche Kretschmer die Position der Bundesrepublik. „Die Debatte hilft Kretschmer nicht, sie hilft den anderen“, sagte Maier mit Blick auf die starke AfD in Sachsen.