In der Stuttgarter Wilhelma gibt es Sprechstunden, bei denen Besucher die Pfleger befragen können. Wir waren bei der Quokka-Sprechstunde dabei.
Die Sonne scheint, nicht nur über der Terra Australis an diesem Mittag. Mehrere Dutzend Besucher, zumeist Familien mit ihren Kindern, freuen sich und strahlen. So wie die Tiere, die sie besuchen: die Quokkas. Mit ihrem Lächeln im Gesicht sind es die angeblich glücklichsten Tiere der Welt. Das sagt Mario Chindemi, Tierpfleger in der Terra Australis gleich zu Beginn, als er die Besucher am Außengehege begrüßt und seine tierischen Schützlinge vorstellt. Anschließend steht er den Besuchern Rede und Antwort, oder besser gesagt, er sitzt - auf einem Stein im Gehege. Das Tor zum Gehege nebenan hat er geöffnet. Es dauert nicht lange, da tauchen die Kängurus Prince William sowie Pistaccio und Daisy auf.
Die kleinen Beuteltiere haben eine doppelte Kralle
Mit ihren kurzen runden Ohren, den dunklen Knopfaugen, dem spitz zulaufenden Gesicht und schwarzer Schnauze sorgen die etwa hasengroßen braunen Tiere für viel Sympathie. Vorne haben sie an ihren Armen fünf Finger mit Krallen und hinten vier Finger, davon sind zwei Zehen zusammengewachsen. „Die doppelte Kralle haben alle pflanzenfressenden Beuteltiere“, weiß der Pfleger.
Wilhelma einziger Zoo in Europa mit Quokkas
William wagt sich ganz nah an den sitzenden Chindemi heran, krabbelt auf seine Beine und holt sich mutig ein kleines Stück Möhre. Auch Pistaccio und Daisy kommen, um etwas zu knabbern, während der Pfleger den Besuchern berichtet, dass die Wilhelma der einzige Zoo in Europa ist, der diese bedrohte australische Tierart hält. Wer die kleinen Kurzschwanzkängurus näher betrachtet, der sieht, dass sie ihren glücklichen Gesichtsausdruck von der Form ihres Gebisses haben. Das sorgt für eine stets lächelnde Mimik.
In ihrer australischen Heimat bedrohte Art
Im Außengehege der Wilhelma bewegen sich die Tiere munter umher. Die glücklichen kleinen Australier fressen Gras. „In ihrer Heimat sind sie bedroht durch die Siedler und deren mitgebrachten Haustiere wie Katzen. Aber auch durch Füchse, die die Quokkas töten“, erklärt Chindemi. Denn: Die kleinen Kängurus sind diesen eingewanderten Tieren schutzlos ausgeliefert. Die Tiere, die in Gruppen von 25 bis 100 zusammenleben, hätten kein Fluchtverhalten. Da könne eine Katze viel Übles anrichten.
Auf der australischen Insel Rottest Island leben sie in größeren Populationen, weiß Chindemi, der selbst schon Australien bereist und Quokkas in freier Wildbahn erlebt hat. Bevor er in die Wilhelma kam, leitete er zudem die Duisburger Terra Australis. Den Besuchern erklärt er, dass die Weibchen einen Beutel haben und sich die Babys dort nach der Geburt an einer der Zitzen festsaugen und 180 Tage aufwachsen. Nach neun bis zehn Monaten werden sie von der Mutter entwöhnt. Die kleinen und großen Zuhörer lauschen gespannt. Immer wieder trauen sich auch Kinder, etwas zu fragen.
Hoffnung auf Nachwuchs in der Wilhelma
„Die Quokkas können 12 bis 15 Jahre alt werden, in Menschenobhut älter,“ sagt Chindemi. Und was ist mit Nachwuchs? Im entsprechenden Alter sind sie dafür schon. Der Pfleger erklärt, dass dabei Geduld nötig ist. Denn: ob eine Mutter ein Baby im Beutel hat, ist erst einmal unklar. Die Hoffnung aber sei groß. Ein Junge will wissen, was man mit verletzten Tieren in Australien macht, die man findet. Chindemi erklärt ihm, dass sie in Tierrettungsstationen abgegeben werden. Wenn sich die Tiere erholt haben, werden sie wieder an der Fundstelle ausgesetzt. Das beeindruckt die Zuhörer. Und stirbt ein Muttertier, wird geschaut, ob das Baby groß gezogen werden kann. Möglicherweise zusammen mit anderen Waisenkindern.
Direktor Kölpin derzeit am Herkunftsort in Australien
Wilhelma-Direktor Thomas Kölpin befindet sich derzeit in Australien, wie er auf der Instagram-Seite der Wilhelma berichtet. Er nimmt in Sidney an der 79. Konferenz des Welt-Zooverbands WAZA teil und besucht Zoos und Artenschutzprojekte der Wilhelma. Zuvor war Kölpin dort, wo die Stuttgarter Quokkas herstammen, die seit vergangenem Sommer hier leben: auf der westaustralischen Insel Rottnest Island vor der Küste von Perth.
Tiere sollen nicht auf den Menschen geprägt werden
Wilhelma-Tierpfleger Chindemi indes hofft bei den kleinen Kängurus auf Nachwuchs, wie er den Besuchern erzählt. Sein Augenmerk liegt auf Daisy. Sie scheint die Auserwählte von Prince William zu sein. Die Namen haben die drei Tiere übrigens mitgebracht. So sind sie im Zuchtbuch vermerkt. Sie kommen aus dem Schutzprogramm in Australien.
Längst haben sich die drei Quokkas im Zoo derweil wieder aus dem Staub gemacht und stöbern im anderen Gehege herum. Chindemi ist das recht. Denn: Sie sollen sich nicht zu sehr auf den Menschen einstellen, erklärt der Pfleger. Vor allem Kinder sind begeistert und schauen fasziniert durch die Glasscheiben am Außengehege.
Sympathische Botschafter mit ewigem Lächeln
Damit endet die Tiersprechstunde für die Quokkas langsam aber sicher. Im April startet sie wieder. Chindemi, der seit April vergangenen Jahres Tierpfleger in der Wilhelma ist, macht der Wilhelma-Talk mit den Besuchern sichtlich Spaß. So weiß der 60-Jährige: „Wenn man diese Tiere schützt, schützt man noch vieles andere mit.“ Sie sind unbestritten sympathische Botschafter dafür: Prince William, Pistaccio und Daisy mit ihrem ewigen Lächeln.
Weitere Infos gibt es unter www.wilhelma.de/besuch/informationen/wilhelma-talks