Beim Treffen der Nato in Brüssel macht Generalsekretär Stoltenberg keine Hoffnung auf ein schnelles Ende des Krieges in der Ukraine. Foto: dpa/Virginia Mayo

Nato-Generalsekretär Stoltenberg warnt trotz des Rückzugs Russlands vor zu großer Hoffnung auf ein schnelles Ende. Das Bündnis will Kiew noch mehr moderne Waffen liefern.

Zwischen Russland und der Nato herrscht eisige Funkstille. Moskau habe mit dem transatlantischen Militärbündnis im Moment nichts zu besprechen, sagte Vize-Außenminister Alexander Gruschko am Mittwoch laut der russischen Nachrichtenagentur Tass. Auch von Seiten der Nato gibt es angesichts der russischen Kriegsgräuel in der Ukraine nur wenig Neigung, auf den Kreml zuzugehen. Der Westen blick eher bestürzt auf die immer neuen Meldungen über Massaker an unschuldigen Zivilisten.

Putin will die ganze Ukraine kontrollieren

Am Rande eines Treffens der Außenminister Mitte dieser Woche in Brüssel, dämpfte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wiederholt die Hoffnung auf ein schnelles Ende des Krieges. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass Russlands Präsident Wladimir Putin seine Ambitionen aufgegeben habe, die komplette Ukraine zu kontrollieren, sagte Stoltenberg am Mittwoch. Man müsse sich bewusst darüber werden, dass der Krieg noch „viele Monate oder sogar Jahre“ andauern könne.

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Er sagte mit Blick auf den Abzug der russischen Truppen aus der Umgebung von Kiew: „Was wir sehen, ist kein wirklicher Rückzug, sondern wir sehen, dass Russland seine Truppen neu positioniert.“ Man dürfe nicht zu optimistisch sein. „Die Angriffe werden weitergehen“, sagte der Nato-Generalsekretär. „Wir sind auch besorgt über mögliche verstärkte Angriffe, vor allem im Süden und im Osten.“ Offensichtlich versuche Russland, das gesamte Donbass einzunehmen und eine Landbrücke zur bereits annektierten Krim herzustellen. „Das ist eine entscheidende Phase in diesem Krieg“, unterstrich Stoltenberg am Mittwoch.

Hilfe für die Ukraine wird verstärkt

Angesichts dieser drohenden Offensive, werde die Nato ihre Unterstützung für die Ukraine weiter verstärken, versprach der Generalsekretär, darin seien sich alle Mitglieder einig. Geliefert würden vor allem moderne panzerbrechende Waffen und Flugabwehrsysteme. Großbritannien hatte zuletzt angekündigt, hochmoderne Raketensysteme zu liefern, die gegen Schiffe eingesetzt werden können. Die sollten zum Schutz der Hafenstadt Odessa eingesetzt werden, die zuletzt vom Schwarzen Meer aus immer wieder von russischen Kriegsschiffen beschossen worden ist.

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Furcht vor biologischen und chemischen Waffen

Allerdings befürchtet die Nato inzwischen auch verstärkt, dass Russland die Ukraine mit biologischen oder chemischen Waffen angreifen könnte. Aus diesem Grund würden auch Mittel geliefert, um sich gegen solche Bedrohungen zu verteidigen. Stoltenberg unterstrich, dass er nicht über einen solchen Angriff spekulieren möchte, allerdings habe Russland zuletzt immer wieder über solche Waffen gesprochen. Zudem habe Moskau immer wieder die falsche Behauptung aufgestellt, das in der Ukraine an chemischen und biologischen Waffen gearbeitet würde. Das könnte als Vorwand dienen, um diese selbst einzusetzen – was Russland in anderen Kriegen bereits getan hat.

Zweifelhafte Rolle Chinas im Krieg in der Ukraine

Auch machte Stoltenberg deutlich, dass dieser Krieg in der Ukraine längst die europäische Dimension verlassen habe. So sei die Unterstützung Russlands durch Chinas besorgniserregend, das das Recht in Frage stellt, dass sich Staaten ihre eigenen Koalitionspartner aussuchen können. Das beunruhige auch die Länder im asiatisch-pazifischen Raum wie Japan oder Südkorea, mit denen die Nato in Zukunft enger zusammenarbeiten wolle.