Die Jugend und junge Erwachsene waren beim Demozug zu Beginn der Kundgebung in Waiblingen stark vertreten. Foto: Eva Herschmann

Bei der DGB-Maikundgebung unter dem Motto „Mach Dich stark für eine solidarische Gesellschaft“ demonstrieren am Donnerstag rund 400 Menschen auf dem Waiblinger Marktplatz für mehr soziale Gerechtigkeit.

Dunkle Wolken sind am 1. Mai bei schönstem Frühlingssonnenschein über Waiblingen aufgezogen: Bei der DGB-Kundgebung zum Tag der Arbeit auf dem Marktplatz haben die Redner düstere Aussichten für Wirtschaft und Gesellschaft prognostiziert. Unter dem Motto „Mach Dich stark für eine solidarische Gesellschaft“ rief unter anderem Maike Schollenberger, die stellvertretende Landesbezirksleiterin von Verdi Baden-Württemberg, die rund 400 Teilnehmenden, darunter viele Jüngere, zu mehr sozialer und menschlicher Gerechtigkeit sowie mehr Miteinander auf.

Die Wirtschaft wächst nicht mehr, die politischen Krisen, die kriegerischen Auseinandersetzungen und der Zustand der Gesellschaft verunsichern die Menschen. Umso lautstarker haben sich am Donnerstag die Gewerkschaften zu Wort gemeldet. Um 10 Uhr machte sich der vom DGB-Kreisverband Rems-Murr organisierte Demo-Zug, begleitet von der Polizei, vom Stihl-Werk in Richtung Innenstadt auf.

Forderung auf Demo: Der Mensch soll im Mittelpunkt stehen

Bei der Kundgebung auf dem Marktplatz erklärte Panagiotis Alopoudis, der Kreisvorsitzende des DGB Rems-Murr: „Der Tag der Arbeit ist ein Symbol der Unbeugsamen.“ Es gehe jetzt darum, eine bessere Welt zu schaffen und weiter für eine Gesellschaft zu kämpfen, in der der Mensch im Mittelpunkt steht, sagte Alopoudis, und die Menge skandierte „Hoch die internationale Solidarität“.

Die Hauptrednerin Maike Schollenberger rief dazu auf, gemeinsam gegen ein „drohendes Jahrzehnt des Neoliberalismus“ zu kämpfen und sichtbar und laut für eine solidarische Arbeits- und Lebenswelt einzutreten. „Streik ist unsere einzige Möglichkeit, Arbeitgeber unter Druck zu setzen, ohne Streik wird sich nichts ändern. Deshalb Hände weg vom Streikrecht.“ Zusammenhalten statt spalten sei das Gebot der Stunde. Einen Tabubruch nannte Schollenberger, dass der CDU/CSU-Antrag zur Migrationspolitik mit den Stimmen der AFD im Bundestag eine Mehrheit bekam. Der klare Kurs gegen die AFD habe die Gewerkschaften gestärkt, erklärte die stellvertretende Verdi-Landesvorsitzende. „Mit Nazis wie Höcke reden wir nicht, wohl aber mit Kollegen, die von rechtspopulistischen Ideen angezogen werden.“ Gemeinsam müsse man gegen alten und neuen Faschismus kämpfen, damit Kriege nicht wieder zur Normalität erklärt und massiver Sozialabbau zugunsten Rüstungsausgaben betrieben werden. „Holt das Geld endlich bei denen, die es haben.“

Ein düsteres Bild der aktuellen Situation in Pflegeberufen malte der Krankenpfleger Vincent Leuze von der Verdi-Jugend Baden-Württemberg. Er habe in der Ausbildung mitansehen müssen, „wie die Alten vor sich hinvegetieren“, weil das Gesundheitssystem kaputtgespart wurde. Und nun sollten im Nato-Bündnisfall noch verletzte Soldaten versorgt werden. „Überlasst die Frage nach Krieg und Frieden nicht den Kriegstreibern in der Politik und den Chefetagen. Das, was zwischen jungen Menschen und der Hoffnung steht, ist der Krieg“, so Leuze, während in der Menge Fahnen „Für Sozialismus statt Weltkrieg“ hochgehalten wurden.

Bildung werde mehr und mehr zur Mangelverwaltung, sagte Lisa Jäger von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Rund 27 000 Lehrkräfte hätten im vergangenen Jahr in Deutschland ihren Job hingeworfen, und die Zahlen der Lehramtsstudierenden seien rückläufig. Nicht nur personell, auch finanziell kranke das System. „Wer soll die Sprachförderung bezahlen, wer die Grundschulbetreuung, und ohne Personal sind diese wichtigen Maßnahmen nicht umsetzbar.“ Bildung sei ein Menschenrecht, wer hier spare, riskiere die Zukunft. „Was ist das für ein politisches Signal, wenn Kampfjets wichtiger sind als unsere Kinder.“

Kritik bei Kundgebung: Social Media im Kindergarten sei gewollt

Vanessa Rücker, Erzieherin bei der Stadt Waiblingen, erzählte, dass Reality-TV und Social Media schon die Welt im Kindergarten bestimmten, und das sei gewollt: „Eine kaputte Gesellschaft lässt sich leichter lenken“. Christian Friedrich von der IG Metall Ludwigsburg berichtete, dass „in unserer Kooperation mit der IG Metall Waiblingen mehr als 2500 Kolleginnen und Kollegen bedroht sind“, weil Arbeitgeber Arbeitsplätze abbauen und Standorte verlagern wollten. „Die Reichen im Land müssen daran erinnert werden, dass Eigentum verpflichtet.“

Trotz der kämpferischen Parolen war es eine friedliche Kundgebung. Nicht nur die Teilnehmenden, auch die Polizisten konnten das reichhaltige kulinarische Angebot vom FSV Waiblingen wahrnehmen.