Foto: dpa/Alexander Nemenov

Sollte Russland den Gashahn zudrehen, müsste die Bundesnetzagentur bestimmen, wer noch Gas bekommt. Die Behörde hat jetzt bekanntgegeben, nach welchen Kriterien sie entscheiden würde. Haushalte gehören weiterhin zu den geschützten Kunden.

Haushalte dürfen nach Angaben der Bundesnetzagentur auch im Fall eines russischen Gaslieferstopps darauf vertrauen, weiter mit Gas versorgt zu werden. Dies geht aus dem Plan der Behörde für die sogenannte Abschaltreihenfolge bei einer Gasnotlage hervor, der der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ/Mittwochsausgabe) vorliegt. Zu den sogenannten geschützten Kunden würden neben Feuerwehr, Krankenhäusern, der Polizei, Schulen, Kitas, Gefängnissen oder der Bundeswehr auch alle Privathaushalte gehören, sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, der Zeitung.

Ebenfalls geschützt seien alle Gewerbebetriebe mit bis zu 1,5 Millionen Kilowattstunden Gasverbrauch im Jahr, darunter Bäckereien oder Supermärkte. Hingegen müssten sich Freizeiteinrichtungen als erstes auf Abschaltungen einstellen, zum Beispiel Schwimm- und Spaßbäder. „Wenn es zur Notlage kommt, ist es einleuchtend, zunächst im Freizeitbereich einzugreifen, bevor wir Industriebetriebe reduzieren oder abschalten, an denen ja viele Arbeitsplätze und auch wichtige Produkte hängen“, so der Behördenchef.

Diese Kriterien spielen eine Rolle

Im Fall von Großverbrauchern aus der Industrie richteten sich die Abwägungen „nach sechs Kriterien, mit denen wir uns den Abschaltungen nähern“. Dazu gehörten die Dringlichkeit der Maßnahme und die Größe des Unternehmens. Ein Großteil des gesamten industriellen Gasverbrauchs in Deutschland entfalle auf Großverbraucher mit einem Verbrauch von mehr als zehn Megawattstunden pro Stunde. „Das sind etwa 2500 Betriebe“, sagte Müller.

Ein weiterer Aspekt seien die Vorlaufzeiten, einige Firmen brauchten mehr Zeit, um geordnet herunterzufahren. Außerdem gehe es um die volks- und betriebswirtschaftlichen Schäden: „In der Keramikindustrie etwa erstarren die Produktionsanlagen und gehen kaputt, wenn das Gas fehlt. Wir berücksichtigen auch die Kosten und die Dauer für die Wiederinbetriebnahme.“ Ein wichtiges Kriterium sei schließlich die Bedeutung der Versorgung für die Allgemeinheit. Das spiele zum Beispiel bei Lebensmitteln oder Medikamenten eine Rolle.

Es sei leider nicht möglich, die Kriterien in eine eindeutige Reihenfolge zu bringen. „Es gilt, bei geringstmöglichem Schaden die in der konkreten Situation schnellstmögliche Lösung zu finden.“ Einfach werde das nicht. „Wir müssen uns klarwerden, dass die Gasmangellage eine echte Krise ist. Das Leben ist dann nicht mehr fröhlich und locker, und deshalb bin ich sicher, dass solche Eingriffe auf Verständnis stoßen würden“, sagte Müller der Zeitung.