Dörte Gatermann und Bernhard Furrer haben einige Empfehlungen für das Weißenhof-Gebiet. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Auf dem Weißenhof wird ausgelotet, welches Planen und Gestalten heute das Zeug zur Moderne hätte. Und die Fortsetzung dürfte bei weiteren Planungswettbewerben folgen.

Kaum waren die besten planerischen Entwürfe beim Ideenwettbewerb Weißenhof 2027 ermittelt, ist in der Akademie der bildenden Künste am Mittwoch eine dreitägige Veranstaltungsreihe mit großen Zielen eingeläutet worden. Sie soll ausloten, was das Erbe der Moderne ist, die 1927 in der Weißenhofsiedlung ausgerufen wurde, „welches Planen, Gestalten, Bauen heute modern wäre“.

Zunächst ging es noch einmal um den Wettbewerb. Dabei machten Jurymitglieder klar: Auch bei den Realisierungswettbewerben, die nun für die Erweiterung der Kunstakademie, für ein Empfangsgebäude für die IBA 27 und ihre Partner am Weißenhof sowie für das künftige Erscheinungsbild der Brenzkirche folgen sollen, werde man es mit schwierigen Aufgaben zu tun haben. Die Jury-Vorsitzende Dörte Gatermann wünschte sich auch für die Gestaltung der Freianlagen einen Wettbewerb. Die Basis für das Folgende sei der Entwurf, der mit dem ersten Preis bedacht wurde und der vornehmlich für eine „klassische Stadtreparatur“ in einem heterogenen Gebiet stehe. Gleichwohl werde auch über diesen Entwurf weiter diskutiert werden. Gatermann empfahl unter anderem die „zwingende Umgestaltung des Verkehrsraums“ am Kochenhof, perspektivisch eine autofreie Siedlung.

Bürgermeister Pätzold will Tempo machen

Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) wünschte sich Mut zur raschen Entscheidung für ein „adäquates Informations- und Empfangsgebäude“ auf dem Campus am Kochenhof, für das man nun zwar nicht die Gestalt, aber den richtigen Platz kenne. Man müsse schnell zu Potte kommen und im Rathaus vor den Sommerferien Gelder für Wettbewerb und Planung freigeben. Auch das Schweizer Jurymitglied Bernhard Furrer meinte: „Es sollte 2027, also sozusagen übermorgen, stehen. Bitte haben Sie Respekt vor dieser Aufgabe!“ IBA-Intendant Andreas Hofer mahnte auch: Eine Art Kassenhäuschen am Eingang zu den IBA-Statthaltern wäre sicherlich nicht adäquat.

Hofer leitete weiter zu den größeren Themen von Architektur, Städtebau und IBA. Im Talk mit zwei Experten wurde der übliche Blick auf die Weißenhofsiedlung, ein Weltkulturerbe und mit ihrem 100. Geburtstag im Jahr 2027 der Anlass für die IBA, ein wenig gegen den Strich gebürstet. Sie habe nicht das Potenzial, die Wohnform der Zukunft aufzuzeigen, so Hofer. Der Architekturtheoretiker Vittorio Magnago Lampugnani spitzte zu: Sie habe auf das Ideal Einfamilienhaus gebaut und auf „null Verdichtung“. Sie stehe für all das, was man heute nicht mehr machen dürfe. Er favorisiert freilich ohnehin kein Alleinmodell für Städtebau, setzt vielmehr auf eine Summe von Fragmenten und eine Collage. Die Architekturprofessorin Yasemin Utku hätte sich im Wettbewerb etwas mehr Radikalität als Respekt gewünscht.

Die berühmte Siedlung genießt großen Respekt

Denn da waren sich alle einig: Die Weißenhofsiedlung war für die Wettbewerbsteilnehmer quasi unantastbar. Wenn der Denkmalschutz bauliche Eingriffe ausschließe, solle vielleicht Einfluss auf den Kreis der neu hinzukommenden Bewohner genommen werden, hieß es. Lampugnani regte an, Studenten einziehen zu lassen. Und was neue Bauten und neue Quartiere angeht – dafür gelte es wie in den 1920er Jahren eine neue Architektursprache zu finden – aus der Analyse der Bedingungen in der eigenen Zeit. Nun gehörten dazu Energieaspekte, Sonnenschutz und Fotovoltaiktechnik – als wirklicher Teil der Architektur.

Das Symposium und die Baukulturwerkstatt „Das Erbe der Moderne“ dauern noch bis Freitagabend (Näheres im Internet unter www.iba27.de/symposium.erbe.der.moderne/. Abschlussfest mit Lichtprojektion am Le-Corbusier-Haus ist am Freitag ab 21 Uhr.