Demonstrationen in London gegen die geplante Super League. (Archivbild) Foto: AFP/ADRIAN DENNIS

Viel Lärm um nichts? Die Super League scheint keine 48 Stunden nach Ausrufung der großen Fußball-Revolution spektakulär auseinanderzufallen.

Köln - Rohrkrepierer statt Revolution? Die neue Hyper-Kommerzveranstaltung Super League scheint nach nur zwei Tagen höchst spektakulär zusammenzukrachen. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge knickten am Dienstag mindestens die Champions-League-Halbfinalisten Manchester City und FC Chelsea sowie Atletico Madrid im Proteststurm ein und wollen nun nicht mehr teilnehmen. Auch der FC Barcelona scheint zu wackeln.

Bayern München, Borussia Dortmund und Paris St. Germain erteilten zudem ebenso eindeutige wie schmerzhafte Absagen. Noch am späten Abend (23.30 Uhr) sollte eine Krisensitzung der Gründervereine beginnen.

Multimilliardenprojekt könnte weltweit verspottete Fehlzündung werden

Das Multimilliardenprojekt der „Big 12“, zwölf Weltklubs der Superreichen, angetrieben von JPMorgan, könnte eine weltweit verspottete Fehlzündung werden - mit den klaren Siegern FIFA, UEFA und frisch reformierter Champions League, deren ebenfalls kommerzgetriebenen Änderungen die Fans dann wohl mit Freude schlucken werden. Die große Revolution: Sie fällt womöglich doch aus. An der Stamford Bridge jubelten am Abend die Chelsea-Fans, die eigentlich protestieren wollten. 

ManCity hat laut The Sun bereits zurückgezogen, laut BBC und The Athletic bereitet Chelsea zudem die Übergabe entsprechender Papiere vor. Angeblich ist zudem Manchester Uniteds Geschäftsführer Ed Woodward zurückgetreten. Keine der Informationen war am Abend zunächst offiziell.

Bis zu der aufregenden Wende hatte es ausgesehen, als wollten Real Madrid, der FC Liverpool und Konsorten ihr Ding gegen alle Widerstände durchziehen - dafür wurden sie als „dreckiges Dutzend“ angesehen. 

FC Bayern und BVB schließen Teilnahme aus

Die Fans der deutschen Fußball-Granden müssen sich nicht sorgen. Der deutsche Rekordmeister FC Bayern und nach SID-Informationen auch dessen Rivale Borussia Dortmund schließen eine Teilnahme definitiv aus. „Ich darf im Namen des Vorstandes ausdrücklich feststellen, dass der FC Bayern nicht an der Super League teilnimmt“, sagte Klubchef Karl-Heinz Rummenigge und betonte: „Der FC Bayern steht solidarisch zur Bundesliga. Für den FC Bayern ist die Champions League der weltweit beste Klubwettbewerb.“

Auch der BVB wird auf keinen Fall im neuen Konstrukt mitspielen. Intern ist SID-Informationen zufolge „in Stein gemeißelt“, dass sich der Klub den Plänen von bisher zwölf europäischen Giganten keinesfalls anschließen wird. Ohnehin liegt dem Verein von der Liga bisher weder eine Anfrage noch ein konkretes Angebot noch eine Friststellung vor. Aufgrund börsenrechtlicher Pflichten gestaltet sich eine glasklare Kommunikation jedoch schwierig. 

Rechtlich wurden die Chancen der Rebellen gut eingeschätzt

Die großen Fußball-Verbände und ihre drei neu gewählten deutschen Topfunktionäre hatten sich auf den gemeinsamen Kampf gegen die Abtrünnigen eingeschworen. Rechtlich wurden die Chancen der Rebellen gut eingeschätzt: „Rein juristisch betrachtet hat die UEFA keine Chance, ihre Drohungen durchzusetzen“, sagte die renommierte Sportrecht-Fachanwältin Anne Jakob dem SID: „Die Tendenz ist tatsächlich, die Märkte zu öffnen und Konkurrenzligen zuzulassen. Das Recht in Europa sieht das so vor.“ 

Trotzdem suchten der Weltverband FIFA (mit dem neuen Council-Mitglied Peter Peters), die Europäische Fußball-Union (UEFA) mit dem wiedergewählten Rainer Koch und Karl-Heinz Rummenigge in der Exekutive sowie der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die Konfrontation. Die 55 Mitglieder der UEFA verabschiedeten zum Abschluss ihres Kongresses einstimmig eine Resolution gegen die Super League. 

„Entweder bist du drin, oder du bist draußen.“

Das war im DFB-Sinne. „Die Vereine und ihre Nachwuchsmannschaften sollten von allen Wettbewerben ausgeschlossen werden, bis sie wieder an ihre vielen Anhänger denken, die sie erst zu den größten Klubs der Welt gemacht haben - und nicht nur an ihre Geldbeutel“, sagte Präsident Fritz Keller.

Auch Weltverbandsboss Gianni Infantino stellte in Richtung der Liga klar, dass es „keinen Zweifel an der Ablehnung der FIFA“ gebe, und er drohte mit Auswirkungen. „Wenn einige sich entscheiden, ihren eigenen Weg zu gehen, dann müssen sie mit den Konsequenzen leben“, äußerte der Schweizer: „Entweder bist du drin, oder du bist draußen. Man kann nicht halb drin und halb draußen sein.“ Rummenigge setzte auf eine Einigung.

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Die Abtrünnigen sind bzw. waren Liverpool, ManUnited, ManCity, Tottenham Hotspur, der FC Arsenal, Chelsea, Real Madrid, Barcelona, Atletico, Juventus Turin, der AC Mailand und Inter Mailand. 

Real-Präsident Florentino Perez wollte sich keineswegs drohen lassen. „Madrid wird nicht aus der Champions League geschmissen, definitiv nicht“, sagte der als ESL-Chef vorgesehene Spanier: „Auch nicht sonst wer. Das ist unmöglich. Auch die Spieler können ruhig bleiben.“

Pep Guardiola sieht das anders und stellte sich gegen die Besitzer seines Klubs Manchester City. Es habe für ihn nichts mit Sport zu tun, sagte der Teammanager des Tabellenführers der englischen Premier League, „wenn es keinen Zusammenhang gibt zwischen Aufwand und Erfolg, wenn der Erfolg garantiert und es egal ist, wenn du verlierst“. 14 Premier-League-Klubs hatten die sechs englischen Klubs schärfstens verurteilt und zum Rückzug aufgefordert.