Das Traubenpressen vor dem Rathaus gehört zum Weindorf dazu. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Das traditionelle Traubenpressen beim Stuttgarter Weindorf war diesmal keine matschige Treterei mit den Füßen, sondern schweißtreibendes Gekurbel.

Nicole Porsch, Rose von Stein oder Gabriele Munk hätten sich die Pediküre sparen können. Dabei hatten sie sich intensiv auf das barfüßige Traubenpressen im Bottich vor dem Rathaus vorbereitet und deswegen ihre Füße noch schöner machen lassen. Aber die Organisatoren der Traditionsveranstaltung im Rahmen des Weindorfs scheuten mit Blick auf Corona das Infektionsrisiko beim Gedränge im Traubenzuber und stellten kurzfristig auf nicht minder traditionsreiche Handarbeit um.

Weinbildung während dem Weindorf

Auch die hat ihre eigene Geschichte: Der Wengerter und Gemeinderat Fritz Currle hatte einst die Idee für das Traubenpressen beim Weindorf, damit die Besucher zumindest einen Teil der Produktion dessen, was sie in den Lauben glasweise genießen, live miterleben konnten, Wein-Bildung sozusagen. Also stellte Currle eine alte Traubenmühle vors Rathaus und ließ den damaligen Oberbürgermeister Manfred Rommel kurbeln. Der wusste aber, dass das früher anders ging, und fragte: “Hat man das nicht mal mit den Füßen gemacht?”

Mit den Füßen bleiben die Traubenkerne ganz

So war die Idee für das barfüßige Traubenpressen geboren, das Weindorfbesucher bis 2019 jedes Jahr belächeln durften – und in diesem Jahr wieder. Die Traubentreterei hat in Stuttgart zwar vor allem Unterhaltungswert, andernorts wird aber tatsächlich Wein wieder so zermatscht, zum Beispiel in Portugal für qualitätvollen Portwein. Dort war man zwischenzeitlich auch auf Mechanik umgestiegen, stellte aber rasch fest, dass Füße eben keine Kerne zerquetschen – und so auch keine Bitterstoffe das Portwein-Aroma verändern.

60 Liter Traubensaft aus 80 Kilo Trauben

Aber zurück zum Weindorf: In diesem Jahr holte Fritz Currle aus besagten Gründen seine alte Traubenmühle wieder heraus, die Stuttgarter Gemeinderäte konnten ihre Schuhe, Söcklinge und Socken anbehalten und durften stattdessen kräftig Hand anlegen. 80 Kilo frühreife Regent- und Muskat-Trauben kurbelten sie durch die Mühle, 50 bis 60 Liter süßer Traubensaft flossen anschließend aus der ebenfalls handbetriebenen Presse, worüber sich die Zuschauer freuten, weil sie ihn anschließend ganz umsonst genießen durften. Und manche der Safttrinker waren beim ersten Schluck sicher froh über die Handkurbel statt dem Barfuß-Gematsche.