Carola Veit (SPD), die Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, und Weinbaumeister Fritz Currle ernteten am Stintfang. Foto: dpa/Christian Charisius

25 Jahre lang wuchs Stuttgarter Wein am Hamburger Hafen. Dann fielen die Reben dem Umbau des U-Bahnhofs an den Landungsbrücken zum Opfer. Im Sommer nun soll Stadtrat Fritz Currle im Auftrag der Hansestadt junge Reben am neuen Stintfang pflanzen.

Uhlbach/Hamburg - Fritz Currle hat einige Freunde und Bekannte in Hamburg. Schließlich war der Wengerter als Wirt Jahrzehnte lang mit dem Weindorf in der Hansestadt zu Gast. Der Telefonanruf im Februar erstaunte den Uhlbacher dennoch. Der persönliche Referent von Carola Veit, der Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft, war am anderen Ende der Leitung. Noch überraschter war der Stuttgarter CDU-Stadtrat vom Wunsch der Hamburger SPD-Politikerin. Ihr Referent redete nicht lange um den heißen Brei herum: „Würden Sie nochmals einen Weinberg am Stintfang anlegen?“, ließ die Bürgerschaftspräsidentin anfragen.

Geschenk des Stuttgarter Weindorfs

1995 hatte der Uhlbacher Wengerter den Hamburgern ein paar Rebstöcke geschenkt und am Stintfang, dem Hang wenige Meter oberhalb des Hamburger Hafens und in Sichtweite des „Michels“, rund 50 junge Reben gepflanzt. Sie wurden mit Hilfe eines einstigen Mitarbeiters des Uhlbacher Weinguts gepflegt. Mit Erfolg. Seit 1996 konnten die Trauben an Deutschlands damals nördlichsten Weinberg geerntet, nach Uhlbach transportiert und dort zu einer „Hamburger Stintfang Cuvée“ ausgebaut werden. Es reichte jährlich für rund 50 Fläschchen des exklusiven hanseatischen Tropfen – wenn die Trauben nicht vorab von Unbekannten vom Stock geklaut worden waren. Nach 25 Jahren war damit Schluss. „Weil der U-Bahnhof Landungsbrücken grundlegend umgebaut werden soll, mussten die Weinstöcke der Bürgerschaft 2020 gerodet werden“, erzählt Currle. Eine Neuanlage sei nicht geplant gewesen.

Freundeskreis pflegt Reben

Unter den Hamburger BürgerInnen sei der Wunsch nach einem neuen Weinberg immer größer geworden und Veit als bekennende Weinbergfreundin und Erntehelferin nutzte den Rückenwind. Auch Currle musste nicht lange überlegen. „Ich habe mir 99 Rebstöcke reservieren lassen“, sagt er. Am Dienstag setzte er sich frühmorgens in den ICE nach Hamburg und kam pünktlich zur Baustellenbesprechung am Mittag an der Elbe an. Die Gespräche mit dem Architekten seien bisher konstruktiv gewesen, sagt Currle. 1995 hat der Uhlbacher rote und weiße Rebsorten nebeneinander gepflanzt. „Jetzt haben wir uns für eine rote pilzresistente Sorte entschieden. Statt einer Cuvée werden wir einen roten Bürgerschaftswein ausbauen“, sagt Currle. Er hofft, dass er die Pflänzchen, die er in Uhlbach zunächst aufzieht, im Sommer, wenn sie 20 bis 30 Zentimeter groß sind, am Stintfang pflanzen kann. „Ein Freundeskreis aus einem halben Dutzend Württemberger, die rund um Hamburg leben, wird dabei helfen und sich auch übers Jahr hinweg um die Pflege kümmern“, sagt Currle. Eine Tröpfchenbewässerung soll beim Gedeihen unterstützen und ein Behelfszaun soll während der Erntezeit ungebetene Gäste fernhalten. Mit der ersten Ernte des neuen, roten Bürgerschaftsweins rechnet Currle in zwei Jahren.