Die Stuttgarter Straßenbahnen AG sichert weite Teile des öffentlichen Nahverkehrs, ist aber hoch defizitär. Foto: Andreas Rosar

Weitere Berechnungen für eine Nahverkehrsabgabe wird es in Stuttgart nicht geben. Der Umweltverband BUND sieht ohne Zusatzeinnahmen erhebliche Probleme bei den SSB.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz in Stuttgart (BUND) kritisiert die von einer Mehrheit des Gemeinderats vollzogene Vollbremsung beim Thema Mobilitätspass und Nahverkehrsabgabe. Im Gemeinderat gibt es keine Mehrheit dafür, weiterhin als Modellkommune im Land die Vorbereitung von Abgabe und Pass anzugehen.

Stuttgart hatte zuletzt mit den Landkreisen im Verkehrsverbund (VVS) an Berechnungen zu den vom Land vorgeschlagenen Abgabemodellen (Obolus von Kfz-Haltern, -Nutzern, Einwohnern oder Arbeitgebern) teilgenommen. Der Mobilitätspass ist im Koalitionsvertrag von Grünen und CDU als neue Möglichkeit für Kommunen angedacht, für den „Angebotsausbau und günstige Tarife“ eigene Einnahmen zu erzielen. Die Abgabe soll in gleicher Höhe in ein Ticket umgewandelt werden können. Allerdings fehlt bisher das dazu nötige Landesgesetz.

BUND befürchtet finanzielles Desaster

Der BUND kritisiert, dass die Stadt einen zentralen Baustein zur künftigen Finanzierung der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) aus der Hand gebe. Deren Defizit werde sich auf bis zu 100 Millionen Euro pro Jahr vervierfachen. Thomas Bauer, verkehrspolitischer Sprecher des BUND, sagt, Stuttgarts OB Frank Nopper lasse die SSB mit dem Verzicht auf die Abgabe „in ein finanzielles Desaster laufen“. Der OB ist SSB-Aufsichtsratschef. Bauer kritisiert auch die Rolle der SPD im Rat, die weitere Berechnungen ablehnt, womit das ökosoziale Lager bei dem Thema seine Mehrheit verliert. Die SPD lasse „den Nahverkehr verhungern“, so der BUND.

SPD: Mit uns nur Arbeitgeberabgabe

Der Umweltverband mutmaßt, die Verkehrswende müsse wohl pausieren, weil nächstes Jahr Kommunalwahlen seien. SPD-Stadträtin Lucia Schanbacher betont, dass weitere Diskussionen ohne gesetzliche Grundlage für ihre Partei nicht zielführend seien. Das Land müsse das Gesetz liefern und könne selbst in die ÖPNV-Infrastruktur investieren. Für die Sozialdemokraten sei für die Abgabe als einzig mögliche Variante eine Zahlung der Arbeitgeber vorstellbar. Citymaut, Einwohner- oder Autohalterabgabe lehne man ab, so Schanbacher. OB-Mobilitätsreferent Martin Körner warnt vor einer „Insellösung“ für Stuttgart. Im VVS gebe es kein gemeinsames Modell. Eine Arbeitgeberabgabe werde daher ausschließlich Stuttgarter Unternehmen belasten.