Einzelkämpfer auf der Bühne: der Tenor Matthais Klink Foto: Matthias Baus

Wirtshaus und ästhetisch Avanciertes treffen in Hans Zenders „Winterreise“ in der Stuttgarter Oper aufeinander. Und der Tenor Matthias Klink setzt sich mit tiefer Verzweiflung auseinander

Stuttgart - Dass Tradition, wie es so schön heißt, nicht die Bewahrung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers sein soll, hätte Hans Zender sicher unterschrieben. Der im letzten Jahr verstorbene Komponist, der auch als Dirigent tätig war, wusste um die Abnutzungserscheinungen, die ein Werk im Laufe seiner Rezeptionsgeschichte erfährt. Abgeschliffen durch den Konzertbetrieb, wird das, was einst revolutionär war, früher oder später im Kanon der sogenannten Meisterwerke eingefriedet. Gerade dem Kunstlied hat diese Domestizierung ganz besonders zugesetzt. „Zwei Herren im Frack, Steinway, ein meist sehr großer Saal“, beschrieb Hans Zender die Ausgangssituation für seine 1993 uraufgeführte „komponierte Interpretation“ von Schuberts „Winterreise“. Die hatte an der Staatsoper Stuttgart nun in einer durch Videoprojektionen des niederländischen Künstlers Aernout Mik erweiterten Aufführung Premiere.