Das Frühlingsfest auf dem Cannstatter Wasen lockt wieder mit bunten Buden und Fahrgeschäften. Auch Kraftproben sind beliebt. Foto: Lichtgut / Ferdinando Iannone

Wetter ist sprichwörtlich wendig. Am Ostersonntag wechselte Sonnenschein mit Wind und Nieselregen – dennoch freuten sich einige Besucher, dass das 85. Stuttgarter Frühlingsfest am Tag zuvor eröffnet wurde.

„Hau drauf Hubby!“ Fünf Mitzwanziger in Lederhosen und Trachtenwesten feuern einen der ihren an. Der schwingt den Hammer auf einen „Hau den Lukas“ – das Gewicht schießt bis zur Hälfte der Skala, fast zum Wort „Playboy“. Die Lacher sind ihm gewiss, die Truppe zieht weiter über das 85. Stuttgarter Frühlingsfest. Obschon es nun windet, frischer wird und nieselt, füllt sich der Wasen. Je näher der Abend rückt, umso mehr Dirndl-Mädels und Janker-Burschen bilden Schlangen vor den Bierzelten.

Am Nachmittag erobern Familien das Wasengelände

Am Nachmittag? Sonnenstrahlen! Vor allem Familien mit Babys, Kindern und Teenagern erkundeten Fahrgeschäfte, Leckereienbuden und Marktstände. „Mit Polizeiauto und Pferd, Märchen und Eisenbahn“, beschrieb da der „fast sechs Jahre“ alte Marco – mit Opa und Oma und Schwester Laura aus dem Remstal hergefahren – seine Lieblingskinderkarusselle. Wegen ihrer Kleinen kam auch eine Stuttgarter Familie am Ostersonntag. „Sonst hätten wir keine Zeit mehr gefunden“, so die Mutter. Ihre Tochter zeigte glücklich einen Plüschelefanten, den sie bei einem der Greiferspiele ergattern konnte. Mit Papa sei sie Wilde Maus gefahren.

Eine Familienachterbahn, die mögen auch Marc und Karim. „Und Alpen Coaster und Euro-Coaster“, schwärmen die Sechstklässler. Überkopffahrten? Da locken etwa das Looping-Karussell „Infinity“, der „Transformer“, der einen um mehrere Achsen wirbelt, oder der Riesenpropeller V-Maxx. „Ach ne, lieber Wildwasserbahn, Musikexpress oder Polyp“, meint Marc. Karim ergänzt: „Nochmals Büchsenwerfen, Kegeln, Torwand, Boxautos.“ Bei Autoskootern ist was los. Flaneure stauen sich am Fortress Tower, dem 80 Meter hohen Freifallturm. „May I have your attention“ sagt eine weibliche Stimme, den Countdown startend. „Ten, nine, eight ...“ Wie kommen die, die dort oben noch lustig mit den Beinen baumeln, unten an? Kreischend und lachend! „Geil“, ruft jemand beim Aussteigen.

Frauenquartett empfiehlt den Cannstatter Wellenflug

Ein Frauenquartett aus Schwetzingen und Waiblingen – von der Großmutter bis zur Enkeltochter – empfiehlt die Klassiker, den Cannstatter Wellenflug und das Riesenrad. Ein Trio aus Backnang indes die Geister Villa und das Haunted Mansion. „In der Mansion spielen echte Menschen mit!“ Wie Raphael Käfer, er gibt den Horrorclown in der Geisterbahn. „Sonst habe ich einen Schreibtischjob, das ist mein Hobby“, lacht er, bleckt verwesende Zähne. „Maske? Mache ich selbst.“

Bierkarussell, Kunst und Live-Musik

Weniger gruselig geht es im Bierkarussell zu. Dort goutieren Steffen, Andrea, Gaby und Peter aus Nagold ihre Kaltschalen, während sich ein Teil der Verwandtschaft noch auf dem Gelände tummelt, bevor alle das Festzelt ruft. Sie sind sich einig: „Das Frühlingsfest ist Tradition, die einfach Spaß macht.“ Apropos Bierkarussell, das dreht sich sanft im „Albdorf“, wo Kulinarisches aus dem Ländle offeriert wird, zudem Kunst, Live-Musik und Lebenshilfe. So steht „Komme als Fragender und gehe als wissender Freund“ auf dem Wagen von Madame Odessa alias Renee Traber. Sie stammt aus der berühmten Artisten- und Schaustellerfamilie, liest aus Händen und Karten. „Das Stuttgarter Frühlingsfest ist mein Saisonauftakt, der Schluss der Hamburger Weihnachtsmarkt.“

Auch das Riesenrad ist beliebt. Foto: Lichtgut / Ferdinando Iannone/Lichtgut/Ferdinando Iannone

Viele Stammkunden habe sie, zunehmend kämen junge Menschen. „Meistens wegen der Liebe. Mir ist es wichtig, den Menschen Hoffnung mitzugeben.“ Kaum später erklingt live in der Albdorf-Lounge „Those were the days, my friend, we thought they’d never end“. Auch in den Bierzelten ist das Partyende längst nicht in Sicht.

Die Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart ist mit dem ersten langen Frühlingsfest-Wochenende: „Mehr als 250 000 Menschen kamen an den ersten drei Festtagen auf den Cannstatter Wasen“, so deren Geschäftsführer Andreas Kroll – und das trotz der zwischenzeitlichen Regenschauer am Ostersonntag.