Wirtin Sonja Merz und Hofbräu-Chef Martin Alber im eröffneten Biergarten. Foto: Lg/Leif Piechowski

Arbeitsplätze werden nicht abgebaut, aber Fässer mussten ausgeschüttet werden: Bei Stuttgarter Hofbräu ist die „Durststrecke“ beendet. Im Biergarten von Sonja Merz hat Hofbräu-Chef Martin Alber am Donnerstag einen Coup verkündet.

Stuttgart - Hofbräu-Chef Martin Alber ist ein alter Charmeur. Blumen hat er mitgebracht, um Sonja Merz „zum 19. Geburtstag“ zu gratulieren. Die Wirtin, durchaus alterslos, freut sich – und versteht doch, was gemeint ist. Seit 19 Jahren ist sie im Mittleren Schlossgarten Chefin des Biergartens, den es seit 1996 durchgängig mit badischem Bier gegeben hat (ihr Vorgänger war Klaus Schöning). Nach einem Vierteljahrhundert ist den heimischen Brauern der Coup gelungen, Eichbaum an einem zentralen Ort in Württemberg auszustechen. Der Vertrag mit den Mannheimern war ausgelaufen, und Sonja Merz erhört im Konkurrenzkampf der Brauereien, der in der Pandemie härter denn je ist, das Liebeswerben von Hofbräu.

Die Durststrecke ist überwunden

Martin Alber hat doppelten Grund zum Strahlen. Nicht nur, dass Hofbräu (gehört zu Radeberger, braut in Stuttgart) mit dem großen Biergarten unweit des Hauptbahnhofs einen „Leuchtturm“ dazu gewonnen hat, wie sein neuer Vertriebschef Jörg Koschinski jubelt. Es ist auch der erste Tag, an dem eine monatelange Durststrecke überwunden ist. Die Gastronomie darf in Stuttgart wieder öffnen. Die ersten Fässer werden angestochen im Schlossgarten, in dem etwa 800 Plätze nach den Corona-Regeln erlaubt sind (für alle Getesteten, vollständig Geimpften oder Genesenen). Gleich neben dem Biergarten befindet sich ein Testzentrum.

Es tut dem Hofbräu-Chef in der Seele weh, dass er auf die Frage, ob man Fässer in den Ausguss habe schütten müssen, mit einem „Ja leider“ antwortet. Übe die Menge will er nichts verraten. Genießbar sei dieses abgelaufene Bier zwar noch, aber man wolle seinen Kunden nur das Beste vom Besten bieten.

Kann das Volksfest wirklich stattfinden?

Bereits im April hat die Stuttgarter Hofbräu, die als königlicher Bierlieferant angefangen hat, die Herstellung für Fässer hochgefahren – in der Hoffnung, dass es bald losgehen kann. „Wir produzieren gerade etwa die Hälfte von dem, was sonst in dieser Jahreszeit üblich ist“, sagt Martin Alber. Froh ist er, dass die Verluste im vergangenen Corona-Jahr für sein Unternehmen „im einstelligen Bereich“ geblieben seien. Das Geschäft mit Bierkästen lief gut. Hofbräu ist nicht so abhängig von der Gastronomie wie andere. Der Brauereibund beklagt im Bundesschnitt einen Umsatzrückgang um 33 Prozent. Der Sprecher der Hofbräu-Geschäftsleitung ist froh, dass er keine Stellen abbauen musste, wie man dies von seiner Stuttgarter Konkurrenz Dinkelacker hört. Und er ist vor allem froh, dass nun wieder Fässer an die Gastronomie ausgeliefert werden können, nicht nur, weil ein Frischgezapftes besser schmeckt, sondern auch, weil die Gewinne da größer sind.

Vertrag über sechs Jahre abgeschlossen

Albers Zuversicht geht so weit, dass er die Hoffnung auf das Cannstatter Volksfest 2021, wo er ebenfalls Bierlieferant von Sonja Merz ist, nicht aufgibt. Als Vorteil erweise sich, dass man in Stuttgart „flexibler als in München“ sei. Während die Wiesn für diesen Herbst bereits abgesagt ist, wollen die Verantwortlichen für den Wasen erst am 9. Juni darüber beraten, was möglich ist. „Wenn es klappt, dass wir dank immer besseren Inzidenzen das Volksfest doch noch veranstalten können, wird unser Image endlich von München abgekoppelt“, sagt er.

Den Vertrag mit Sonja Merz für den Schlossgarten hat Hofbräu zunächst auf sechs Jahre abgeschlossen. Die offizielle Eröffnung mit Fassanstich und einem Auftritt von Hofnarr Luigi alias Graziano d’Arcangelo ist für den 12. Juni geplant.