Das JSB-Ensemble mit Hans-Christoph Rademann beim Abschlusskonzert der Stuttgarter Bachwoche Foto: Bachakademie/Holger Schneider

Am Sonntag ist die Bachwoche der Internationalen Bachakademie zu Ende gegangen. Hans-Christoph Rademann hat Bach und Zelenka dirigiert.

Plötzlich lächeln die Musiker. Plötzlich ist ganz viel Energie im Saal. Und Spannung! Was wohl als Nächstes passieren wird in diesem musikalischen Überraschungswunderstück von Jan Dismas Zelenka? Am Sonntagabend beweisen die Nachwuchsmusiker des JSB-Ensembles im Konzertsaal der Stuttgarter Musikhochschule, dass sie nicht nur mit Werken des Komponisten glänzen können, den die veranstaltende Internationale Bachakademie im Titel trägt. Die Buchstaben JSB stehen im Falle der Nachwuchs-Instrumentalisten und -Chorsänger aus jetzt 22 Nationen in schöner Doppeldeutigkeit für „Junges Stuttgarter Bach-Ensemble“, und jung klingt tatsächlich, was zum Abschluss der Bachwoche, als Extrakt aus sechs intensiven Arbeitstagen, zu hören ist.

Im positiven Sinne gilt dies vor allem für die „Missa Dei Filii“, eine späte Kurzmesse des tschechischen Barockkomponisten Zelenka. Die zwei Sätze von Bachs „Missa brevis“ BWV 236 (in G-Dur) zuvor gliederte Hans-Christoph Rademann betont klar, formte weite Bögen, aber im „Gloria“ gelang die Koordination mit den schnellen Begleitfiguren im Orchester nicht optimal, der Bass-Arie hätte die Begleitgeschmeidigkeit eines eingespielten Ensembles gutgetan, im „Domine deus“ gab es bei den Geigen intonatorische Schwächephasen, und im „Quoniam“ kamen Tenor und Solo-Oboe nicht wirklich zusammen.

Experimentelle und hochvirtuose Musik von Zelenka

Dann aber: Zelenka! Und eine andere Welt. Ein katholischer Tscheche, jüngerer Zeitgenosse Bachs, der 35 Jahre in Dresden wirkte. Musik der mächtigen Wirkungen, Klänge, die Effekt machen wollen, die experimentell sind, immer wieder überraschend, harmonisch farbenfroh, rhythmisch konturiert, mit Gesangslinien, die viel vokaler gedacht sind als bei Bach. Zwischendurch begegnet man sogar mal schlichtem Volkston in kirchenmusikalischem Gewand. Trotz zahlreicher prominenter Wiederbelebungsversuche (ganz besonders durch Frieder Bernius) hat Zelenka in unserem Musikleben noch immer nicht den Platz, den er verdiente.

Auch die „Missa Dei Filii“ ist jetzt eine vergnügliche Abenteuerreise für wache Ohren. Wo vorher die Mienen der Musiker angespannt waren, sind sie jetzt gelöst – und das, obwohl ihnen vor allem das hier rasant genommene „Gloria“ teils Hochvirtuoses abverlangt. Im „Quoniam“ präsentiert sich zudem die Reifste unter den Solistinnen und Solisten, die Altistin Magdalena Hinz. Und zum Schluss serviert Rademann in der „Cum sancto spiritu“-Fuge fast so etwas wie Barock-Rock. Gut, dass die Musiker den Kanton „Dona nobis pacem“ als Friedensbitte schon vor Konzertbeginn gemeinsam mit dem Publikum gesungen haben – jetzt hält es keinen mehr auf seinem Platz. Bravi!