Der Hausarzt ist für Verordnungen zuständig, oft auch für deren Ausführung. Foto: dpa/Weißbrod

Die Bewohner von Pflegeheimen drohen bei derzeit wachsenden Lücken in der Ärzteschaft ein Versorgungsloch. Das Land will Bedürfnissen junger Mediziner entgegenkommen und deren Berufseinstieg forcieren.

Die hausärztliche Versorgung wird lückenhafter und vor allem für Bewohner und insbesondere Neuzugänge in Pflegeheimen problematischer. Unsere Zeitung hatte darüber berichtet und die Situation am Beispiel des Haus am Weinberg in Obertürkheim dargestellt. Das Sozialministerium Baden-Württemberg nimmt dazu nun wie folgt Stellung: „Dass Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeheimen ausreichend hausärztlich versorgt werden, ist uns ein großes Anliegen. Dass es hier teilweise zu Engpässen kommt, ist uns bekannt. Wir geben unser Bestes, hier Lösungen zu finden“, teilt das Ministerium mit. „Allerdings kann weder das Land, noch die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) Ärztinnen und Ärzten verpflichten, Bewohner von Pflegeheimen in einem bestimmten Umfang zu betreuen.“

Ansprechende Arbeitsbedingungen schaffen

Das Land wolle aber „gemeinsam mit der originär zuständigen ärztlichen Selbstverwaltung, dem Bund und den Kommunen daran arbeiten, die Versorgungsstrukturen, die Arbeitsbedingungen und die örtliche Infrastruktur an den Bedürfnissen der nächsten Ärztegeneration auszurichten.“ Beispielhaft angeführt sind interprofessionelle Kooperationen, eine bessere Vereinbarung von Arbeit und Privatleben, einen Abbau der Bürokratie.

Möglichkeiten zur Entlastung der niedergelassenen Hausärzte sieht das Sozialministerium im Bereich der medizinischen Behandlungspflege, die bis jetzt noch eine ärztliche Verordnung voraussetzt – zum Beispiel im Bereich der Wundversorgung, beim Verbandwechsel, bei der Medikamentengabe, der Dekubitusbehandlung oder der Blutdruck- und Blutzuckermessung. Hier könne jedoch nur der Bundesgesetzgeber Änderungen einleiten.

Das Sozialministerium versichert: „Wir werden unseren Beitrag leisten, um ambulante medizinische Versorgungsprobleme zu beheben wie etwa mit dem Förderprogramm Landärzte, den genossenschaftlichen Medizinischen Versorgungszentren, den Landarztquoten oder der Förderung von Primärversorgungszentren.“

Ärztin mit Startgeld überzeugt

In Bühlerzell im Kreis Schwäbisch Hall hat sich im Frühjahr eine Bürgerinitiative mit Protesten für eine bessere hausärztliche Versorgung eingesetzt. Die Patienten mussten, nachdem der einzige Arzt in Pension ging, 30 Kilometer weit zu den nächst gelegenen Praxen fahren. „Bevor diese uns als neue Patienten aufnahmen, war die Zustimmung erforderlich, dass sie keine Hausbesuche machen werden. So haben auch die Menschen, die bei uns noch zu Hause gepflegt werden, keinen Allgemeinarzt mehr, der sie im Notfall zu Hause behandelt. Und so haben sie auch keinen Hausarzt mehr, wenn sie ins Pflegeheim müssen“, schreibt Josef Hirsch von der Bürgerinitiative.

Die Kommunen, die sich in der aktuellen Diskussion weitgehend zurückhalten, können durchaus regulierend eingreifen. Das jüngste Beispiel dafür stammt aus Aichtal (Kreis Esslingen). Die Stadt zahlt der Medizinerin 50 000 Euro für die Übernahme einer verwaisten Praxis. Das Förderprogramm hatte der Gemeinderat beschlossen, um die medizinische Versorgung in der Stadt zu verbessern. Findet sich noch eine zweite Medizinerin, ein zweiter Mediziner, sollen auch sie 50 000 Euro Startgeld bekommen.