Die Vorbereitungen für den nunmehr sechsten Stuttgarter Bürgerhaushalt laufen. Das Verfahren beginnt Anfang Februar – in Zeiten von Corona können Wünsche ausschließlich online eingebracht und bewertet werden.

Untertürkheim - Der nächste Doppelhaushalt der Stadt Stuttgart wird zwar erst in einem Jahr beraten, doch die Vorbereitungen dafür laufen nun an. Denn vor der Debatte im Gemeinderat soll die Bürgerschaft wieder Anregungen und Wünsche zur Verwendung der Steuergelder ins Verfahren einbringen können. Konzept und Zeitplan stehen bereits.

Der Start für den Bürgerhaushalt 2022/2023 ist im ersten Quartal des nächsten Jahres vorgesehen. Vom 8. bis 21. Februar können die Stuttgarter Ideen für Investitionen oder Einsparungen einbringen und die Vorschläge im Zeitraum vom 4. bis 24. März bewerten. Im April soll das Ranking vorliegen – wieder will die Stadtverwaltung eine Liste mit den 100 am meisten unterstützten Vorschlägen erstellen und zu den Top Ten jedes Stadtbezirks Stellung nehmen. Bis zur Sommerpause soll daraus eine Gemeinderatsvorlage erarbeitet werden, die Aussagen zur Machbarkeit und den jeweiligen finanziellen Folgen enthält. Unabhängig davon können die Ratsfraktionen im kommenden Herbst eigenständig aus ihrer Sicht sinnvolle und notwendige Bürgervorschläge aufgreifen und daraus Haushaltsanträge formulieren. Verabschiedet wird der Doppelhaushalt 2022/2023 Ende Dezember nächsten Jahres. Angesichts der finanziellen Herausforderungen der Corona-Pandemie wird die Aufstellung des städtischen Etats keine leichte Aufgabe werden. Auch deshalb setzt man auf die aktive Mitwirkung der Bürgerschaft.

Keine Flyer an Haushalte verschickt

Um möglichst viele Stuttgarterinnen und Stuttgarter über diese Form der Mitbestimmung zu informieren und für die Teilnahme zu motivieren, ist eine intensive Öffentlichkeitsarbeit vorgesehen – wobei auf den kostenintensiven Versand des Info-Flyers an alle Haushalte im Stadtgebiet diesmal verzichtet wird. 30 000 bis 40 000 Euro könnten so eingespart und die Gesamtkosten auf rund 135 000 Euro gedrückt werden, informiert Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann die Stadträte in einer Beschlussvorlage. Dafür werde aber in den Bezirksämtern umfangreiches Informationsmaterial zum Bürgerhaushalt bereitgestellt. Und auch am bewährten Einsatz der ehrenamtlichen Multiplikatoren halte man fest.

Auf öffentliche Veranstaltungen wird verzichtet

Der nunmehr sechste Bürgerhaushalt der Landeshauptstadt steht im Schatten von Corona. Da ein Ende der Pandemie bislang nicht absehbar ist, sieht das Konzept Änderungen vor, „um Infektionsrisiken für die Teilnehmenden ebenso wie für städtisches Personal zu minimieren und die Durchführbarkeit des Verfahrens auch unter gegebenenfalls erneut verschärften Kontaktbeschränkungen sicherstellen zu können“, so Fuhrmann. So sei es ratsam, das Beteiligungsverfahren ohne offizielle städtische Veranstaltungen durchzuführen. Auf die bislang üblichen, aber zuletzt nur noch mäßig besuchten Informationsveranstaltungen in jedem Stadtbezirk soll verzichtet werden, ebenso wie auf die in 2019 erstmals erprobten öffentlichen Diskussionsrunden. Die Beteiligung am Bürgerhaushalt 2022/2023 werde ausschließlich über die Internetplattform erfolgen, kündigt Fuhrmann an. Um Menschen ohne Interneterfahrung die Möglichkeit zur Teilnahme weiterhin zu ermöglichen, könnten Vorschläge darüber hinaus telefonisch eingereicht werden, das Bewerten werde in Ausnahmefällen per Papier-Formular angeboten.

Geringe Beteiligung in den Oberen Neckarvororten

Nach Einschätzung der Stadtverwaltung ist der Bürgerhaushalt eine Erfolgsgeschichte. 40 620 Stuttgarterinnen und Stuttgarter haben 2019 am Verfahren teilgenommen und 3753 Vorschläge zu den unterschiedlichsten Aufgabenbereichen der Stadt abgegeben. Nachdem gleichartige Beiträge zusammengefasst wurden, konnte über 2901 Vorschläge abgestimmt werden. Mit der Neckarwelle schaffte es zwar ein Untertürkheimer Projekt auf Platz 1 der Rangliste (allerdings ohne Realisierungschance), ansonsten aber waren die Oberen Neckarvororte im letzten Bürgerhaushalt kaum vertreten. Unter die Top 100 hatte es nur einziger weiterer Vorschlag geschafft: Der Bau eines neuen Vereinszentrums der SportKultur Stuttgart an der Kesselstraße in Wangen landete auf Platz 25. Die Umsetzung lässt aber weiter auf sich warten.

Ein Grund für die „magere Ausbeute“ war das offenbar nur geringe Interesse der Neckartalbewohner: Bezogen auf den Anteil an der Einwohnerzahl wies Untertürkheim (676 Teilnehmer) eine Beteiligungsquote von gerade mal 4 Prozent auf, Wangen (543) von 5,8 Prozent, Obertürkheim (570) von 6,5 Prozent und Hedelfingen (801) von 7,8 Prozent – in Sillenbuch hingegen lag die Quote bei 18,3 Prozent.