In Stuttgart wird Wohnraum gebraucht. Im Neubau ist er teuer, im Bestand steigen die Preise. Die Stadt sucht nach Wegen, den Anstieg der Mieten durch ihr Vorkaufsrecht zu dämpfen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Im Stuttgarter Stadtbezirk Mitte werden acht Häuser mit etlichen Wohnungen verkauft. Die Bewohner befürchten teure Sanierungen und steigende Mieten. Was kann die Stadt dagegen tun?

Stuttgart - Wohnraum in Stuttgart ist Mangelware, günstiger allzumal. Die ökosoziale Mehrheit im Gemeinderat will daher, dass die Stadt bei Verkäufen verstärkt eingreift, sich, wenn nötig, Wohnhäuser durch ein Vorkaufsrecht sichert und so möglichen exorbitanten Mieterhöhungen begegnet. Am Freitag im Wirtschaftsausschuss zeigte sich, dass die rechtlichen Bindungen dafür eng sind.

Gleich acht Häuser in Bezirk Mitte – Landhausstraße 39 und 39A, Schubartstraße 16, 16A, 16/1 und 18 und Werastraße 95 und 99 – sollen den Besitzer wechseln. Die Stadt opponierte und übte im August 2020 ihr Vorkaufsrecht aus. Alle Häuser liegen in einem Stadterneuerungs-Vorranggebiet (SVG). Dadurch kann die Kommune eingreifen. Allerdings nicht bei Fragen der Miethöhe oder bei Sanierungsumlagen, das stellte Matthias Bertram vom Amt für Stadtplanung und Wohnen am Freitag klar. Die Stadt könne ein Vorkaufsrecht mit dem SVG nur durchdrücken, wenn es um Gestaltungsfragen gehe. Wer ein weitergehendes Eingriffsrecht auch bei Fragen der Miethöhe wolle, müsse mit Milieuschutzsatzungen arbeiten.

Nur der Milieuschutz würde helfen

Bei den aktuellen Fällen konnten die Käufer durch sogenannte Abwendungsvereinbarungen das Vorkaufsrecht der Stadt abwehren. Darin verpflichten sie sich laut Fritz Currle (CDU), Wohnraum für 15 Jahre nicht in Gewerbe umzuwandeln. Für Stefan Conzelmann (SPD) hätte man sich eine solche Erklärung sparen können, da greife das Zweckentfremdungsverbot. Die Stadt brauche mehr Milieuschutzsatzungen, der Rat müsse die Bodenpolitik debattieren.

Das Linksbündnis mit Sprecher Thomas Adler plädierte dafür, den Gang vor Gericht zu wagen, „juristische Interpretationen sind nicht in Stein gemeißelt“, sagte Adler und erhielt dafür Beifall von Mietern auf der Tribüne, die später „Wohnen ist ein Menschenrecht“ skandierten. „Wir würden vor Gericht Schiffbruch erleiden“, warnte Thomas Zügel, der Leiter des Liegenschaftsamts, wie zuvor schon Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU). Modernisierungen bis hin zu Abriss und Neubau samt Verdrängung der angestammten Bewohner durch Mieterhöhungen seien zu befürchten, so Silvia Fischer von den Grünen. Einen Rechtsstreit sah auch sie als aussichtslos an. SPD, Linksbündnis und die Fraktion Puls stimmten letztlich gegen die Vereinbarung.