Sobald bei einem Patienten der Verdacht auf eine Corona-Infektion besteht, greifen die Sanitäter zu Schutzanzügen. Nach dem Einsatz müssen die Overalls entsorgt, die Fahrzeuge desinfiziert werden. Foto: Hilfsdienst/Thomas Häfner

Sanitäter arbeiten während der Corona-Pandemie unter erschwerten Bedingungen.

Wangen - Egal ob bei den Maltesern, dem Deutschen Roten Kreuz oder der Johanniter-Unfall-Hilfe – die Arbeit im Rettungsdienst ist ein Knochenjob. Daran haben auch die Corona-Krise und der damit verbundene Lockdown nichts geändert. Im Gegenteil, die angespannte Personallage hat sich sogar noch verschärft. Das Virus stellt die Einsatzkräfte vor erhebliche Herausforderungen und bedeutet einen deutlichen Mehraufwand. Sobald bei einem Patienten nämlich der Verdacht auf eine Infektion besteht, müssen Sanitäter und Notarzt Schutzanzüge und Brille anziehen. „Handschuhe und Maske tragen sie zurzeit sowieso grundsätzlich“, sagt Joachim Fässler, Geschäftsführer des Rettungsdienstbezirk Stuttgart beim Malteser Hilfsdienst. Ein großes Problem sei jedoch, dass es für die Rettungskräfte teilweise schwer zu erkennen ist, welche Art von Erkrankungen vorliegen, da die Symptome für eine Grippe, eine Erkältung oder Covid-19 sehr ähnlich sind.

Mitarbeiter online geschult

„Wir haben im Frühjahr ein gutes Hygienekonzept erarbeitet, das immer wieder angepasst wurde“, so Fässler. Man habe klare Abläufe festgelegt, die in Online-Schulungen an die Mitarbeiter weitergegeben worden seien. In der ersten, „heißen“ Corona-Phase hatten die Malteser unter anderem einen Rettungswagen vom Diakonie-Klinikum im Stuttgarter Westen nach Wangen verlegt – ein großer logistischer Aufwand. „Grund war, den gesamten Personalpool nicht auf einer Wache zu haben. Diese Maßnahme war prophylaktisch, um bei einer Infektion innerhalb der Besatzungen eine Ausbreitung im Betrieb abzugrenzen.“

Dazu kam es jedoch nicht. „Im Dienst hat sich kein Mitarbeiter angesteckt“, sagt der Leiter des Rettungsdienstes. Und das, obwohl es bei Einsätzen immer wieder vorkomme, dass auf Fragen zu den Symptomen nicht vollständige Angaben gemacht werden. „Wenn Reiserückkehrer ihre Auslandsaufenthalte nicht sofort mitteilen.“ Die Mehrheit der Patienten seien sehr vernünftig und umsichtig, machen gewissenhafte Angaben, lobt Fässler. „Wie so oft handelt es sich hier eben um eine Minderheit.“ Angesichts erneut steigender Infektionszahlen einerseits und Lockerung von Kontaktbeschränkungen andererseits appelliert er im Namen der Malteser aber an die Solidarität und das Verantwortungsbewusstsein der Bürgerinnen und Bürger. Denn die Corona-Pandemie stellt die Rettungsdienste vor große Herausforderungen. „Wer aktuell auf notfallmedizinische Hilfe angewiesen ist und corona-typische Symptome hat, soll das beim Notruf gegenüber der Leitstelle unbedingt wahrheitsgemäß angeben“, fügt Peter Neuhauser, Leiter des Malteser Rettungsdienstes in Baden-Württemberg, hinzu. „Das hilft unseren Rettungskräften dabei, sich und andere vor einer Ansteckung zu schützen und auch weiterhin voll einsatzfähig zu bleiben.“ Auch für die Planung seien ehrliche Angaben essenziell, da nach solch einem Transport das Fahrzeug komplett desinfiziert werden muss. Dadurch stehen sowohl das Team als auch der Rettungswagen für einen begrenzten Zeitraum nicht für einen weiteren Einsatz zur Verfügung.

Schnellere Testergebnisse gefordert

Bereits vor Corona hätten steigende Einsatzzahlen in den Bereichen der Notfallrettung und des Krankentransports ausgelasteten Personalkapazitäten gegenübergestanden. Und dennoch habe man ein hohes Qualitätsniveau sicherstellen können, sagt Neuhauser. Gleichzeitig würden die veränderten Arbeitsabläufe den Alltag erschweren und deutlich machen, wie zerbrechlich das System ist. „Wir stehen inzwischen regelmäßig vor der Herausforderung, dass Mitarbeitende für drei bis vier Tage ausfallen, weil sie unwissentlich Kontakt mit Covid-19-Infizierten hatten und das Testergebnis abwarten müssen. Dies hat gravierende Folgen für die Besetzung der Schichten und könnte sich auch auf die notfallmedizinische Versorgung der Bevölkerung auswirken. Schnellere Testergebnisse für Rettungskräfte würden uns enorm helfen“, so Neuhauser.

Corona-Verdacht nicht verleugnen

„Es ist wirklich wichtig, die Infektionsketten zu unterbrechen“, fügt Fässler hinzu. „Verdachtsfälle sollten den Hausarzt kontaktieren, bei einem Notruf muss ein Corona-Verdacht frühzeitig mitgeteilt werden, damit sich die Einsatzkräfte entsprechend schützen können, bevor die Wohnung betreten wird.“ Man dürfe Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Gesundheitsberufen nicht zusätzlichen und vermeidbaren Gefahren aussetzen. Deren Risiko sich anzustecken, sei ohnehin erhöht.

Zur Sicherheit wird Fieber gemessen

Auch die Johanniter-Unfall-Hilfe hat ein ähnliches Hygienekonzept entwickelt, um ihre Teams zu schützen, sagt Sprecherin Sabine Zeller nach Rücksprache mit dem Leiter des Rettungsdiensts. „Bei Verdachtsfällen sind wir durch mehrstufige einsatztaktische Maßnahmen gut geschützt. Dazu gehört auch die Standardabfrage der Rettungsleitstellen zu Covid-19-Symptomen. Bei einem Verdachtsfall geht zunächst ein Rettungsdienstmitarbeiter zum Patienten und misst Fieber. Dann greifen, je nach Ergebnis, unterschiedliche Schutzmaßnahmen bis hin zum Einsatz in kompletter Schutzausrüstung“, so Zeller. „Dieses gute System wird allerdings torpediert durch Patienten, die wissentlich ihre Symptome verschweigen.“ Dies geschehe vermutlich aus der Sorge heraus, nicht adäquat versorgt zu werden. „Sie ist absolut unbegründet, wir sind für jeden Patienten da. Aber wir alle profitieren davon, wenn klar kommuniziert wird, welche Symptome vorliegen, dann können wir gemäß unseren Schutzkonzepten mit der größtmöglichen Sicherheit für die Bevölkerung bei Notfällen schnell zu Stelle sein.“

Ähnlich sieht das auch Udo Bangerter, Sprecher des Deutschen Roten Kreuzes. Er appelliert an die Bevölkerung: „Leute, seid ehrlich, das sorgt für Sicherheit für alle. Etwas zu verschweigen, hilft niemandem. Schon vor Corona hat es hochinfektiöse Krankheiten gegeben, dementsprechend ist unser Personal geschult.“