Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) muss für die Geldanlagen der Stadt wachsende Kosten einplanen, denn die Negativzinsen steigen. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Rücklagen der Landeshauptstadt haben einen Milliardenwert erreicht. In Zeiten von Negativzinsen wird es immer schwieriger, aus den Geldanlagen noch eine Rendite zu erwirtschaften.

Stuttgart - Die Landeshauptstadt ist seit Dezember 2018 schuldenfrei und hat seit 2019 ein Luxusproblem. Sie muss Negativzinsen für einen Teil ihrer Geldanlagen entrichten. Im vergangen Jahr sind diese Strafzinsen gegenüber 2019 stark gestiegen, und auch 2021 werden voraussichtlich Negativzinsen bezahlt werden müssen, teilt die Stadt auf Anfrage unserer Zeitung mit.

Die Rücklagen der Stadt betrugen Ende 2019 laut Jahresabschluss 3,12 Milliarden Euro, ein Großteil ist fest verplant, allein für vom Gemeinderat beschlossene Investitionen standen 718 Millionen Euro nicht abgerufener Mittel bereit. Bei der Aufstellung des Doppelhaushalts 2020/2021 hatte die Kämmerei dem Rat im Dezember 2019 mitgeteilt, dass die Stadt erstmals Negativzinsen zu zahlen habe, und zwar vom 16. September an mit einem Zinssatz von minus 0,05 Prozent für zwei Festgeldanlagen. Genannt wurden 20 000 Euro, womit eine Anlagesumme von 40 Millionen Euro betroffen gewesen wäre. Am Montag teilte die Stadtverwaltung mit, dass man 2019 nur 180 Euro bezahlt habe. Offenbar konnte umgeschichtet werden.

Die Stadt wird für Eigenbetriebe zur Bank

Im vergangenen Jahr wuchs die Zahlung bereits auf rund 274 000 Euro, der Prozentsatz des Negativzinses habe zwischen 0,05 und 0,35 gelegen. Also mussten für mindestens 78 Millionen Euro Negativzinsen verbucht werden. Um Negativzinsen zu vermeiden vergibt die Stadt Kredite an eigene Betriebe, zum Beispiel die Stadtentwässerung (SES). Auch Gelder aus Stiftungen, die die Stadt verwaltet, werden so angelegt. 2019 wurden zum Beispiel 26,4 Millionen Euro zu marktüblichen Kommunalkreditkonditionen an SES vergeben, dazu 16,8 Millionen als Geldanlage der Stiftungen. Die freie Liquidität von 238 Millionen Euro aus 2019 wurde in einem Nachtrag dem Haushalt 2020 zugeführt, um die Coronafolgen zu bewältigen. Der Haushaltsabschluss 2020 werde „nicht ganz so dramatisch sein, wie prognostiziert“, sagte Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) vergangene Woche vor dem Gemeinderat.