Wolfgang Gäfgen zeigt, dass Zeichnungen groß sein können. Foto: Factum-Weise/Jürgen Bach

Hier Teichfolie, dort Eimer: Der diesjährige Erich-Heckel-Preis geht an zwei interessante Stuttgarter Kunstschaffende mit bewegten Biografien.

Stuttgart - Die Zeichnung hat es nicht leicht. Das Publikum bevorzugt meist große und farbige Gemälde. Zu Unrecht steht im Schatten, was leiser, subtiler und feingeistiger daherkommt.

Umso bemerkenswerter ist es, dass der Erich-Heckel-Preis in diesem Jahr an einen Künstler geht, der zwar gelegentlich auch auf heftige Kontraste setzt, aber doch meist zarte Zeichnungen macht: Wolfgang Gäfgen.

Der 1936 geborene Künstler erhält den Erich-Heckel-Preis, mit dem ein künstlerisches Lebenswerk ausgezeichnet wird, das in Zusammenhang mit Baden-Württemberg steht. Vergeben wird er vom Künstlerbund Baden-Württemberg.

Der Förderpreis geht an Nina Joanna Bergold. Die beiden Preisträger werden eine gemeinsame Ausstellung bestreiten im AKKU-Projektraum des Künstlerbunds, der am 3. Oktober eröffnet wird.

In Frankreich war Gäfgen lange bekannter als in der Heimat

Geboren wurde Wolfgang Gäfgen nicht in Baden-Württemberg, sondern in Hamburg, wo er zunächst an der Hochschule für bildende Künste studierte, dann aber an die Stuttgarter Akademie wechselte. Nach dem Studium führte ihn ein DAAD-Stipendium nach Paris, wo er bis 2012 auch ein Atelier besaß. Wohl deshalb ist er in Frankreich lange bekannter gewesen als in Deutschland. Internationalen Erfolg hatte Gäfgen 1977, als er mit seinen Zeichnungen auf die Documenta 6 in Kassel eingeladen wurde.

Er schafft geheimnisvolle und poetische Welten

In Stuttgart hat Wolfgang Gäfgen ganze Generationen junger Künstlerinnen und Künstler geprägt. Er war von 1983 an der Kunstakademie Professor für Freie Grafik und Malerei. Außerdem widmete er sich seinen eigenen Arbeiten, oft großformatigen Zeichnungen, aber auch Holzdrucken und Fotografien. Obwohl auf seinen Blättern meistens Gegenstände auftauchen – das kann ein Eimer sein, ein Buch oder eine Figur –, sind die Motive in den erzählerischen Szenen oft rätselhaft collagiert und damit vieldeutig und poetisch.

Die Förderpreisträgerin ist studierte Ärztin

Den Förderpreis hat die Jury an eine Künstlerin vergeben, die eine Spätberufene ist. Nina Joanna Bergold wurde 1980 in Ludwigsburg geboren und hat sechs Jahre lang in Tübingen Humanmedizin studiert.

Erst danach entschied sie sich für die Kunst und ging an die Stuttgarter Kunstakademie in die Klasse von Cordula Güdemann und war sogar Meisterschülerin im Weißenhof-Programm der Akademie.

Joanna Bergolds Material ist ungewöhnlich: Sie arbeitet mit Teichfolie, aus der sie Tiere oder Gestalten herausschneidet und die sie wie Fahnen aufhängt, weil sie das Spiel zwischen zweiter und dritter Dimension interessiert.