Foto: SSB AG

Die Stuttgarter Straßenbahnen AG nimmt den bundesweit ersten vollelektrischen Gelenkbus von Volvo in Betrieb.

Bad Cannstatt - Am 15. Oktober 2018 ging der erste Schnellbus X 1 im Geparden-Look an den Start. „Der Schnellste seiner Art“, lautete damals der Werbeslogan der Linie, die seither zwischen der Innenstadt und Bad Cannstatt pendelt. Das Versprechen ist nicht immer gehalten worden. Noch immer stehen die Busse im Berufsverkehr – vor allem rund um den Cannstatter Wilhelmsplatz – regelmäßig im Stau.

Auf zwei neuen Fahrzeugen ist nun „Emissionsfrei und leise durch Stuttgart“ zu lesen. Ein Spruch, der dieses Mal garantiert eingehalten wird. Denn mit dem Volvo 7900 EA, der mit grünen Blättern und Stromblitzen foliert ist, nimmt die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) AG den bundesweit ersten vollelektrischen Gelenkbus in Betrieb. Der Einsatz ist Teil des Erprobungskonzepts der SSB auf der Schnellbuslinie X1. Das Ziel ist, zu emissionsfreien Fahrzeugen zu kommen, die eine ähnliche Reichweite und Verfügbarkeit wie herkömmliche Dieselbusse bieten. Bereits vor knapp zwei Jahren wurden die Flotte um zehn spezielle Busse erweitert, fünf Hybrid-Gelenkbusse und fünf Kompakthybridbusse. Jetzt wurde der nächste Schritt gemacht – sehr zur Freude von Oberbürgermeister Fritz Kuhn, der zugleich auch Aufsichtsratsvorsitzender der SSB ist. „Es ist gut, wenn sich Nahverkehrsbetriebe emissionsarmen und fortschrittlichen Technologien öffnen. Dadurch wird die Schadstoffbelastung verringert, die Luft in Stuttgart wird besser. Elektrische Busse ohne Gelenk gibt es viele, wir brauchen in Stuttgart aber große Gelenkbusse aufgrund des hohen Fahrgastaufkommens. Und bei den elektrischen Gelenkbussen sind wir jetzt die ersten“, so das Stadtoberhaupt.

Talkessel ist eine Herausforderung

Thomas Moser, Technischer Vorstand der SSB, gibt zu bedenken, dass die Technologie auch zu den Randbedingungen in Stuttgart passen müsse. „Die topografischen und klimatischen Verhältnisse wirken sich hier ungünstig auf die Reichweite aus. Sie sind eine besondere Herausforderung. Gleichzeitig setzen wir überwiegend Gelenkbusse ein, die noch mal besondere Anforderungen haben.“

Die SSB habe sich lange für einen vollelektrischen Gelenkbus starkgemacht. Schon im Jahr 2016 war eine Delegation unter dem damaligen Vorstand Wolfgang Arnold nach Göteborg gereist, um dem Ziel näher zu kommen. Volvo nahm die Anregungen und Erfahrungen aus dem Betrieb dankbar auf und konnte Ende 2019 auf der Busworld Europe in Brüssel den 7900 EA erstmals der Öffentlichkeit vorstellen. „Es ist ein echter Erfolg für den ÖPNV in Stuttgart, dass wir jetzt die emissionsfreien Gelenkbusse in Betrieb nehmen können, deren Notwendigkeit wir vor vier Jahren in Göteburg adressiert haben“, sagt Markus Wiedemann, Unternehmensbereichsleiter Kraftfahrzeuge bei der SSB, stolz.

Mehr Komfort für den Busfahrer

Der neue Elektro-Gelenkbus Volvo 7900 EA besitzt einen Doppelmotor mit einer Leistung von 540 PS. „Er kombiniert hohe Fahrgastkapazität mit niedrigen Betriebskosten“, verspricht Geschäftsführer Thomas Hartmann von Volvo Busse Deutschland. Auf 18,5 Metern Länge bietet der dreiachsige Bus Platz für bis zu 150 Fahrgäste. Dank der sogenannten „Kneeling-Funktion“ lässt sich die komplette rechte Seite bei geschlossenen und geöffneten Türen absenken. An der mittleren Einstiegstür erleichtert eine ausklappbare Rampe den Einstieg für Rollstuhlfahrer, Senioren oder Eltern mit Kinderwagen. Die SSB-Verantwortlichen sind überzeugt, dass auch die Busfahrer von dem geräuscharmen Elektroantrieb profitieren werden. Dadurch werde der Stress gemindert und der Arbeitskomfort erhöht. Des Weiteren würde er auch die Lärmbelastung der Anwohner entlang des Streckenverlaufs der Buslinie reduzieren.

Batterien sofort betriebsbereit

In den beiden Gelenkbussen sind Lithium-Ionen-Batterien verbaut. Sie werden automatisch auf Betriebstemperatur gehalten, dadurch kann der Bus direkt und ohne Aufwärmphase gestartet werden kann. Die „üblichen“ 24-V-Batterien werden aus der 600-V-Batterie geladen, und die Vorwärmung des Innenraums kann über eine Zeitschaltuhr erfolgen. Geladen werden sie auf dem Betriebshof in Gaisburg. Dort hat die SSB schon zum Jahreswechsel zwei Ladesäulen errichten lassen. Sie ermöglichen sequenzielles Laden. Das bedeutet, dass an eine Ladesäule zwar gleichzeitig zwei Busse mittels Combo 2-Steckern gehängt werden können, aber erst wenn die eine Batterie voll ist, automatisch der zweite Bus geladen wird.