Im September 2020 krachte ein Auto gegen die Stadtbahnhaltestelle. Foto: 7aktuell.de/Jens Pusch

Bad Cannstatts Revierleiter Jörg Schiebe präsentiert dem Bezirksbeirat die Unfallstatistik. Die Zahlen sind gesunken – allerdings aufgrund der Pandemie.

Bad Cannstatt - Was für die Kriminalitätslage im größten Stadtbezirk der Landeshauptstadt gilt (wir berichteten), machte sich auch in der Unfallstatistik 2020 bemerkbar. „Die Zahlen gingen in fast allen Bereichen bedingt durch die Pandemie erheblich zurück“, sagte Revierleiter Jörg Schiebe im Bezirksbeirat Bad Cannstatt. Wurden im Jahr 2019 noch 1307 Verkehrsunfälle registriert, so ist die Zahl im vergangenen Jahr auf „nur“ noch 917 gesunken – ein Rückgang um fast 30 Prozent.

Auch bei den Kleinstunfällen ist die Zahl um 27 Prozent (2316 im Jahr 2019/1696 im Jahr 2020) gesunken. Der Rückgang spiegelt sich auch in der Schadenssumme wieder: Die lag 2019 noch bei 4,873 Millionen Euro, ein Jahr später bei 3,613 Millionen Euro. Ebenfalls positiv: „Es gab 2020 keinen Unfalltoten zu beklagen“, so Jörg Schiebe. 2019 starben noch zwei Menschen an den Folgen eines Verkehrsunfalls. Schwerverletzte gab es 23 (minus 31 gegenüber 2019) und auch die Zahl der Leichtverletzten ist um fast zwölf Prozent gesunken. Was aus Cannstatter Sicht – immerhin zählt der Stadtbezirk zu einem der verkehrsträchtigsten in der Landeshauptstadt – sehr erfreulich ist: Im gesamten Stuttgart lag der Rückgang der Unfallzahlen bei „nur“ 20 Prozent.

Weniger Fahrradunfälle

„Zudem gab es einen Rückgang bei den Fahrradunfällen von fast 18 Prozent“, so der Revierleiter. Auch das sei nicht typisch, wenn man die ganze Stadt betrachte. Denn hier gab es eine Unfallzunahme gegenüber 2019 von 454 auf 508. Was nicht ganz verwundert, Corona-bedingt wechselten auch in Stuttgart viele Bürgerinnen und Bürger aufs Zweirad. Bei den insgesamt 55 Radunfälle in Bad Cannstatt im vergangenen gab es vier Schwer- und 55 Leichtverletzte. Negativ ist dagegen laut Schiebe die Entwicklung bei den Pedelecfahrern: „Die Räder sind doch sehr schnell und oftmals sitzen ungeübte Fahrer im Sattel“, so die Beobachtungen des Cannstatter Polizeichefs. Bei 19 Unfälle gab es 20 Verletzte, vier davon schwer.

Erstmals tauchen in der Cannstatter Unfallstatistik auch die E-Scooter auf (fünf Unfälle/vier Verletzte). Immerhin sind in Stuttgart fast 5000 dieser Leihroller – mittlerweile gibt es vier Anbieter – unterwegs. Revierleiter Jörg Schiebe sieht beim Benutzen der motorisierten Roller jedoch ein ähnliches Problem wie bei den Pedelecs: „Die Geschwindigkeit wird unterschätzt.“ Zudem kritisierte er, dass häufig zwei Personen auf den kleinen Fahrzeugen unterwegs seien, oftmals auch noch minderjährig. Insgesamt hat die Stadtverwaltung im vergangenen Jahr in 651 Fällen Bußgelder im Zusammenhang mit E-Scootern verhängt, was jedoch bei insgesamt rund einer Million Verkehrsdelikten in der Landeshauptstadt kaum ins Gewicht fällt. Oft geht es um Scooterfahrer, die alkoholisiert oder verbotenerweise in der Fußgängerzone und auf Gehwegen unterwegs sind. Laut der Unfallstatistik für die Gesamtstadt waren E-Roller im Jahr 2020 an 44 Unfällen im Stadtgebiet beteiligt, dabei verletzten sich fünf Rollerfahrer schwer. Auch herumstehende Roller würden in einigen Fällen Fußgänger behindern. Eine Tatsache, die in fast jedem Stadtbezirk von den Bezirksbeiräten angemahnt wird – auch vom Cannstatter Bürgergremium.

Sichere Schulwege

Erfreulich auch der Rückgang der Verkehrsunfälle mit Passanten (2019: 42 Verletzte/2020: 29 Verletzte) in Bad Cannstatt. Tote gab es nicht zu beklagen. Und „nur“ ein Schulwegunfall zeigt, dass die mittlerweile doch sehr sicher sind. Ein Sorgenkind sind allerdings immer noch die vielen Stadtbahnunfälle in Bad Cannstatt: Nach einem Rückgang 2019 gab es nun wieder einen Anstieg von 25 auf 30. „Mir ist kein Fall bekannt, an dem ein Zugführer Schuld hatte“, sagte Jörg Schiebe. Immer noch werde – etwa in der Waiblinger Straße – das verbotswidrige Abbiegen von Autofahrern regelmäßig ignoriert. Tragischerweise gab es 2020 im Zusammenhang mit Stadtbahnen auch einen Todesfall zu beklagen. Im Juli geriet ein 80-Jähriger an der Haltestelle Kursaal vor dem SoleBad zwischen zwei Waggons. Als der Zug sich in Bewegung setzte, geriet der Senior unter die Bahn und wurde überrollt. Insgesamt gab es elf Leicht- und fünf Schwerverletzte durch Stadtbahnunfälle.

Unfallschwerpunkt, und das seit Jahren, ist immer noch der Kreuzungsbereich König-Karls-Brücke/Mercedesstraße. Mit 16 Unfällen ist er seit Jahren unrühmlicher Spitzenreiter – von ganz Stuttgart wohlgemerkt.