Die Stadt hat in dieser Woche den Kaufvertrag über die Schwaben-Bräu-Passage unterzeichnet. Foto: Uli Nagel

Die Stadt Stuttgart hat die Schwaben-Bräu-Passage gekauft und will es zunächst verwaltungsintern nutzen. Das Gebäude soll mittelfristig jedoch abgerissen werden

Bad Cannstatt - D as Gutachterbüro Accocella Stadt- und Regionalentwicklung hat vor vier Jahren für sechs Stuttgarter Stadtteilzentren – darunter auch Bad Cannstatt – gemeinsam mit Experten vor Ort Konzepte entwickelt, wie den zunehmenden Trading-Down-Effekten entgegengewirkt werden kann. Und die sind laut der Expertise im größten Stadtbezirk und einzigem B-Zentrum der Landeshauptstadt im Bahnhofsquartier besonders ausgeprägt. „Auffällig ist der hohe Anteil an Spielhallen, Wettbüros, Imbissbetrieben und Internetcafés“, heißt es in einer Beschlussvorlage, die der Gemeinderat vor drei Jahren auf den Weg gebracht hatte. Als dringende Maßnahmen werden vorgeschlagen, unter anderem die Bahnhofstraße umzugestalten. Zudem soll die Stadt Gespräche mit Gebäudebesitzern wegen Sanierungsmaßnahmen oder eventueller Verkaufsabsichten aufnehmen. „Das Bahnhofsviertel sollte zu einem Schwerpunkt für Dienstleistungen, Hotels sowie öffentlichen und kulturellen Nutzungen entwickelt werden“, so das Fazit der Gutachter.

Verzögerungen beim Kauf

Was das Thema Gebäudekauf angeht, so hat die Stadt in dieser Woche Nägel mit Köpfen gemacht: Der Erwerb der Schwaben-Bräu-Passage (Bahnhofstraße 14 bis 18) ist unter Dach und Fach. „Der Kaufvertrag wurde beurkundet“, bestätigt Thomas Zügel, Leiter des Amts für Liegenschaften und Wohnen. Ein Akt mit etlichen Monaten Verzögerung. Obwohl die Stadt für die Bahnhofstraße 14 bis 18 ein Vorkaufsrecht besitzt, hat der Eigentümer 2018 an einen Dritten verkauft. Das Liegenschaftsamt hatte damals natürlich interveniert, kam aber erst nach mehr als einem Jahr zum Zuge.

Und wie geht es jetzt weiter? Den Geschäften und Lokalen wurde bereits gekündigt, einige Läden stehen schon leer. „Jetzt wird geprüft, ob die oberen Etagen verwaltungsintern genutzt werden können“, so Thomas Zügel. Der Bedarf sei auf jeden Fall vorhanden. Allerdings wäre solch eine Nutzung ebenfalls nur befristet, denn bekanntlich hat die Stadt mit dem Bahnhofsviertel samt Bahnhofsvorplatz Großes vor. Das hatte Baubürgermeister Peter Pätzold bereits im Städtebauausschuss Ende 2019 betont. Hierbei würden sowohl die

Marode Passage

Dennoch ist der Kauf der Stadt ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung, was eine Aufwertung des Quartiers angeht. Und die ist bitter nötig. Blickt man „hinter die Kulissen“ und wagt sich in die Schwaben-Bräu-Passage, so zeigt sich Bad Cannstatt von seiner städtebaulichen Schattenseite. Dunkel und schmuddelig, ohne Leben, dafür mit viel Dreck und kaputten Scheiben, ein richtiger Ort zum Fürchten. Immerhin, in die oberen Etagen gelangt man mit einem Aufzug – wenn er denn funktionieren würde.

Doch wer sich einmal die Mühe macht und die Wendeltreppe bis unters Dach erklimmt, der stellt sich unweigerlich die Frage: Welcher Architekt hat sich diese düstere Konstruktion einfallen lassen? Die einzigen, die sich in dem Bau aus den 1980er-Jahren wohlgefühlt hatten, waren offenbar Vögel. Nicht nur zahlreiche Netze sind zwischen den einzelnen Stockwerken gespannt, auch zieren sämtliche Fenstersimse und Mauervorsprünge spitze Metallstacheln zur Taubenabwehr. Thomas Zügel: „Das Gebäude hat mittelfristig ebenso keine Zukunft wie das Ensemble Ecke Eisenbahn-/König-Karl-Straße zu.“ Die Stadt wird es 2026 mit Beendigung der Erbpacht erwerben und dann wohl abreißen lassen.