Katja Glas und Maia Kuhnen machten gestern Halt in Bad Cannstatt. Foto: /Torsten Streib

Katja Glas und Maia Kuhnen unterstützen den Verein Familienhörbuch.

Bad Cannstatt - Mit dem Rennrad einmal quer durch Deutschland fahren, statt im Hotel bei Freunden und Bekannten übernachten und die eingesparten Kosten als Spende einem gemeinnützigen Verein zukommen lassen. Diese Idee stand am Anfang des Urlaubs, zu dem die 29-jährige Katja Glas und die gleichaltrige Maia Kuhnen am 4. Juli mit Rennrädern von München in Richtung Norden aufgebrochen sind. Unterstützt wird durch die Tour der Verein Familienhörbuch. Mit Hilfe der Spenden werden Erinnerungs-CDs, auf denen palliativ behandelte Patientinnen und Patienten Erinnerungen und ihre Lebensgeschichte für ihre Familie festhalten können, finanziert. Auf den Verein sind die beiden aufmerksam geworden, weil in ihrem Bekanntenkreis eine Frau schwer erkrankt war und für ihre Kinder ein solches Familienhörbuch aufgenommen hat. „Als wir mitbekommen haben, wie sehr das die Person entlastet hat, sodass sie sich besser auf ihre Therapie konzentrieren konnte, wollten wir den Verein unbedingt unterstützen“, sagt Kuhnen. Kurzerhand wurden die Urlaubspläne angepasst, Kontakt zu Freunden und Bekannten in ganz Deutschland aufgenommen und die Etappen geplant.

Um auf den Zweck ihrer Reise aufmerksam zu machen, tragen Kuhnen, Leiterin eines akademischen Innovations-Netzwerks, und Glas, Innovationsmanagerin in einem deutschen High-Tech Unternehmen, spezielle Shirts und haben Schilder an ihren Satteln angebracht. Informiert und dokumentiert wird zudem auf den Social-Media-Plattformen Facebook und Instagram. Mit Erfolg: Unterwegs werden sie auf der Straße von Passantinnen und Passanten angesprochen, die sich für das Vorhaben begeistern und prompt spenden – genau wie diejenigen, die das Projekt im Internet verfolgen. Auch praktische Unterstützung erfahren die beiden unterwegs, etwa durch ein kostenloses Mittagessen oder Hilfe bei der Fahrradreparatur.

Die schwierigste Etappe haben Kuhnen und Glas am Montag zurückgelegt: Von Trier ging es nach Karlsruhe, die Strecke führte über den Hunsrück, das Saarland und die Pfalz. Die zirka 200 Kilometer legten sie in etwa elf Stunden zurück. „Anstrengend waren vor allem die 3300 Höhenmeter, die es zu bewältigen galt“, sagt Kuhnen. „Die kosteten angesichts der brütenden Hitze viel Kraft“, ergänzt Glas. Bemerkenswert ist, dass sich die Münchnerinnen nicht extra auf ihre Tour vorbereitet haben: „Wir sind sportlich, wandern und joggen, aber spezielles Rennrad-Training haben wir zuvor nicht absolviert“, sagt Glas. Am Tag legen sie zwischen 150 und 250 Kilometer zurück.

Die Anstrengungen lohnen sich zweifellos: Sie konnten bereits zirka 5000 Euro sammeln, wodurch die Kosten einer Hörbuchproduktion gedeckt sind. „Unser Ziel ist es aber, zehn Hörbücher zu finanzieren, daher brauchen wir weitere Unterstützung“, sagt Kuhnen. Durch die Tour haben sie zudem einen Eindruck der unterschiedlichen Regionen in Deutschland vermittelt bekommen. „Gut gefallen haben mir zum Beispiel die kleinen Dörfer mit ihren Schieferhäuschen in Thüringen, die Strohdächer im Norden und im Süden die Weinberge“, beschreibt Kuhnen.

Insgesamt haben sie und Glas in zirka zweieinhalb Wochen 2500 Kilometer von München über Ingolstadt, Würzburg, Zella Mehlis, Leipzig, Berlin, Stralsund, Rostock, Hamburg, Bremen, Bielefeld, Düsseldorf, Trier, Karlsruhe und Stuttgart – wo sie am Dienstagnachmittag in Bad Cannstatt einen Abstecher machten – zurückgelegt. Am Mittwoch absolvieren sie ihre letzte Etappe und werden am Abend wieder in München ankommen.

Mittlerweile machen sich die Anstrengungen der vergangenen Tage bemerkbar: „Der Körper ist allmählich ausgezehrt“, sagt Kuhnen. Dennoch wird das mit Sicherheit nicht die letzte Radtour für den Verein Familienhörbuch gewesen sein. Wohin es im nächsten Jahr geht, wissen Kuhnen und Glas aber noch nicht, „vielleicht ja auf eine Radtour durch Europa“, sagt Glas. Denn eines steht außer Frage: An ihrem Ziel, zehn Hörbücher zu finanzieren, halten die beiden fest.