Bietet seit 15 Jahren Diskussionsstoff: die Hofener Straße. Foto: /Edgar Rehberger

Das öko-soziale Lager im Bezirksbeirat Bad Cannstatt wünscht sich eine Ausweitung der Sperrzeiten für die Hofener Straße. Eine Entscheidung des Gemeinderats steht noch aus.

Bad Cannstatt - Die Debatten um die Sperrung der Hofener Straße werden bereits seit 2006 geführt und haben seitdem an Brisanz nicht verloren. Heftige Diskussionen in Bad Cannstatt, Münster und Mühlhausen hat Ende März ein Vorstoß von den Grünen und den beiden Fraktionsgemeinschaften Die FrAktion und Puls entfacht. Die Antragsteller fordern die Stadtverwaltung, die momentan gültigen Sperrregelungen für Autofahrer zugunsten des Radverkehrs den sich veränderten Gegebenheit anzupassen.

„Gerade an warmen Tagen und an Ferienwochenenden, die nicht in der Sperrzeit liegen, nimmt die Nutzung des schmalen Gehwegs so stark zu, dass es vermehrt zu gefährlichen Situationen kommt“, hieß es in dem Papier. Deshalb plädierten die Antragssteller dafür, den Zeitraum von März bis Mitte November auszuweiten, um auch die beiden Ferienzeiträume einzuschließen. Auch der Kompromiss, die Sperrung lediglich an Sonntagen, nicht aber an Samstagen durchzuführen, sei überholt.

Kein Beschluss im Gemeinderat

Daher sei es an der Zeit, nach fünf Jahren die Sperrungszeiten für die Hofener Straße neu zu formulieren. Gefordert wurde damals, die Hofener Straße bereits in diesem Jahr coronabedingt wieder an den Feiertagen und Sonntagen der Osterferien zu sperren. Generell soll das Kfz-Verbot künftig auf Sonn- und Feiertage zwischen März und November und damit auf die Zeit inklusive der Oster- und Herbstferien ausgeweitet werden. Um zeitnah eine dauerhaft wirksame Entlastung in Münster umzusetzen, wird zudem Tempo 30 nachts in der Neckartalstraße in Münster vorgeschlagen.

Über den Antrag sollte im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik am 30. März abgestimmt werden. Dazu kam es dann jedoch nicht. Der Grund: Die Stadtverwaltung konnte damals nur wenig Konkretes über die Entwicklung in der Hofener Straße liefern – sprich, Verkehrszählungen haben nicht stattgefunden. Doch gerade das wurde von den Fraktionen gefordert, weshalb eine Entscheidung damals vertagt wurde. Erst müsse die Verwaltung entsprechende Zahlen zur Hofener Straße präsentieren, dann könne auch über ein weiteres Vorgehen diskutiert und abgestimmt werden.

Zu viele Radler auf dem Gehweg

Mittlerweile liegt ein weiterer Antrag und sogar Zahlen zur Hofener Straße vor. Erneut die Grünen sowie die Fraktionsgemeinschaften FrAKTION und PULS – diesmal unterstützt von der SPD-Bezirksbeiratsfraktion – fordern im Prinzip das gleiche wie ihre Rathauskollegen: Die Sperrzeiten für die Hofener Straße müssen den neuen Gegebenheiten angepasst werden. „Dass die Stadt bisher keine Zahlen erhoben, ist schon verwunderlich“, sagte Grünen-Sprecher Peter Mielert im Bezirksbeirat Bad Cannstatt und verwies auf eigene Erhebungen. Die hatten am 25. April stattgefunden, wobei neben Bezirksbeiräten auch BürgerInnen fleißig Radfahrer, Fußgänger und Autos zählten.

Dabei waren zwischen 10 und 17 Uhr insgesamt 691 Passanten, 1062 Kraftfahrzeuge sowie 2307 Fahrradfahrer unterwegs. Da am Zähltag die Hofener Straße noch nicht gesperrt war, wurden allein auf dem Gehweg 1296 Radler registriert. Aus Sicht der Antragssteller natürlich viel zu viele und deshalb gefährlich, allerdings auch nachvollziehbar. „Knapp 60 Prozent nutzen den 2,8 Meter breiten Gehweg, da ihnen die Straße mit den Autos, die oftmals viel zu eng an ihnen vorbeifahren, zu riskant ist“, so Mielert. Doch auch für die Fußgänger sei ein entspanntes Flanieren am Neckarufer wegen der vielen Radlern nicht möglich. Eine Ausweitung der Sperrung sei alternativlos. Denn eine Verlagerung von rund 2300 Fahrradfahren zu den bereits vorhandenen rund 1700 Radlern auf dem Zweirichtungsradweg in der Neckartalstraße sei unmöglich, da dieser Radweg für solche Mengen nicht ausgelegt sei.

Kritik an Zählung

Roland Schmid (CDU) sieht durchaus Handlungsbedarf in der Hofener Straße – allerdings vornehmlich bei schönem Wetter. „Eine Lösung brauchen wir – allerdings weiß ich nicht welche“, sagte der Fraktionssprecher der Christdemokraten, der zudem auf das ungelöste „Raumproblem für Radfahrer“ bei der Aubrücke verwies. Sein Parteifreund und Wengerter Jens Bauer kritisierte, dass die Zählung an einem schönen Tag gemacht wurde: „Bei schlechtem Wetter sieht das Ergebnis ganz anders aus.“ Und die übrigen Fraktionen? Peter Pipiorke (Die FrAKTION) hat jedenfalls eine Vision: „Man sollte sich überlegen, ob man aus der Hofener Straße nicht eine reine Fahrradstraße machen sollte.“

Teure Schließdienst

Obwohl noch völlig offen ist, wann und mit welchem Trend das Thema im Gemeinderat weiterdiskutiert werden wird, wurde dem Bezirksbeiratsantrag (11:8) zugestimmt. Der wünscht sich eine autofreie Hofener Straße bis zum 14. November 2021 (als Verkehrsversuch) und eine Sperrung 2022 bereits ab dem 6. März. Zudem müsse die Stadtverwaltung im Bezirksbeirat über den Versuch berichten. Eine entsprechend große Beschilderung soll Radfahrer darauf hinweisen, die gesperrte und somit autofreie Straße zu benutzen. Zudem soll die Machbarkeit einer temporären Fahrradstraße geprüft werden. Um den teueren Wach- und Schließdienst zu vermeiden (kostet jährlich rund 50 000 Euro), soll die Einrichtung von Pollern oder Wechselverkehrszeichen untersucht werden.