Seit mehr als zehn Jahren wartet das Grundstück Ecke Daimler-/Bahnhofstraße auf eine Bebauung. Foto: Stadt Stuttgart

Die Stadtverwaltung soll mit Beschluss des Bezirksbeirats jetzt prüfen, ob für das Grundstück Ecke Bahnhof-Daimlerstraße ein Baugebot ausgesprochen werden kann.

Bad Cannstatt - Mehr als 600 000 Menschen leben in Stuttgart. Können da zehn Wohnungen mehr oder weniger überhaupt eine Rolle spielen? Offenbar, denn um diese Zahl wird auf der Fläche gegenüber dem CARRÉ Bad Cannstatt, Ecke Bahnhof-/Daimlerstraße mit harten Bandagen gerungen.

Der Grund: Das Cannstatter Unternehmen emsp, dem die Flächen gehören, würde dort gerne ein Wohn- und Geschäftshaus samt Tiefgarage bauen. Und zwar seit mittlerweile 13 Jahren. Insgesamt 28 Wohnungen wären möglich – allerdings müsste dann das Gebäude acht Stockwerke besitzen und wäre damit deutlich höher als die umliegende Bebauung. Dennoch reichte emsp-Geschäftsführer Rainer Vögele 2013 einen entsprechenden Bauantrag ein, zumal das Baugesuch für ein Wohn- und Geschäftshaus mit Tiefgarage mit dem Stadtplanungsamt und dem damaligen Baubürgermeister Matthias Hahn abgestimmt war.

Doch dann gab es Einsprüche zweier Nachbarn – das Unternehmen zog den Bauantrag zurück. Die Pläne wurden überarbeitet und das Gebäude eineinhalb Etagen niedriger gestaltet. Geschäfte im Erdgeschoss, darüber Büros und dann noch 18 Wohnungen inklusive Tiefgarage waren es beim neuerlichen Bauantrag 2015. Doch auch dieser wurde wieder wegen Unstimmigkeiten wieder zurückgezogen.

Im vergangenen Jahr sollte das Bauvorhaben im Gestaltungsbeirat der Stadt thematisiert werden – daraus wurde allerdings nichts. Doch das Unternehmen, das auf der Fläche gegenüber dem Einkaufszentrum nach wie vor gerne 28 Wohnungenrealisieren möchte, hat zu Jahresbeginn Unterstützung von kommunalpolitischer Seite erhalten. Die Fraktionen von Freien Wählern, CDU, SPD und FDP haben einen gemeinsamen Antrag gestellt. Der Tenor: Angesichts der dringend benötigen Wohnungen in Stuttgart wäre die Realisierung von 28 Wohnungen wünschenswert.

„Das ist baurechtlich nicht zulässig und wird städtebaulich negativ gesehen“, betonte Matthias Bertram, Leiter der Abteilung Stadterneuerung und Wohnbauentwicklung im Unterausschuss Wohnungsbau des Gemeinderates allerdings die erneute Ablehnung (wir berichteten). Und auch Baubürgermeister Peter Pätzold machte unmissverständlich klar, dass hierfür das Planrecht geändert werden müsste – sprich ein neuer Bebauungsplan wäre erforderlich. Ein Verfahren, das gut zwei Jahre dauern würde.

Baurecht nur für 18 Wohnungen

Angela Weiskopf vom Stadtplanungs hat gegenüber dem Bezirksbeirat Bad Cannstatt die Haltung der Verwaltungsspitze noch einmal begründet. „Der Bebauungsplan und somit das Baurecht sprechen eine deutliche Sprache – obwohl das Einkaufszentrum gegenüber sehr viel höher als die gewünschten acht Stockwerke ist“, so Weiskopf. Genehmigungsfähig sei dagegen die abgespeckte Variante – für die allerdings noch kein Bauantrag, sondern nur ein Entwurf vorliege.

Das letzte Wort in dieser Angelegenheit muss laut dem Stadtplanungsamt jetzt der Grundstücksbesitzer sprechen, womit sich jedoch die Grünen, die SPD sowie die beiden Fraktionsgemeinschaften PULS und FrAKTION nicht zufriedengeben. „Zum einen ist die Situation mit den vielen Imbissbuden und Verkaufsständen nicht mehr länger hinnehmbar“, sagte Grünensprecher Peter Mielert. Klar sei jedoch auch, dass an dieser Stelle keine weitere städtebauliche Dominante mehr benötigt werde. Die Antragsteller sehen in dieser verzwickten Situation nur noch eine Möglichkeit. „Es ist in Stuttgart absolut unüblich – aber die Stadtverwaltung muss jetzt zügig prüfen, ob in diesem Fall ein Baugebot ausgesprochen werden kann“, so Peter Mielert. Denn angesichts des akuten Wohnungsmangels gebe es ein großes öffentliches Interesse, an dieser Stelle Wohnungen zu bauen. Dem Antrag stimmte der Bezirksbeirat – bei nur drei Enthaltungen – zu.