Ein Teil des Seelbergs (hellerer Bereich) könnte bald zum Milieuschutzgebiet erklärt werden. Foto: Storck

Stadt will Luxussanierungen im Seelberg durch Milieuschutzsatzung verhindern. Nicht alle Fraktionen im Bezirksbeirat befürworten dieses Vorhaben.

Bad Cannstatt - Im Bezirksbeirat Bad Cannstatt sind sich die Fraktionen nicht darüber einig, ob eine Milieuschutzsatzung, die auch für Teile des Seelberg geplant ist, die Verdrängung von Mietern stoppen kann oder notwendige Sanierungen erschwert. Bereits Anfang vergangenen Jahres hat das Gremium über dieses Thema diskutiert, nun wurden die Ergebnisse einer entsprechenden Studie im Bezirksbeirat vorgestellt. Das Planungsbüro Landesweite Planungsgesellschaft mbH hat ermittelt, ob es eine Verdrängung der Anwohner im Seelberg gibt. Sprich, ob sich aufgrund von stark steigenden Mieten oder der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen vor allem einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen die Wohnungen im Stadtteil nicht mehr leisten können. Das Ergebnis: Von Verdrängung betroffen ist vor allem der Bereich zwischen Kissinger Straße und Martin-Luther-Straße, Karlsbader Straße/Deckersraße und Taubenheimstraße. Haushalte, die hier in jüngster Zeit eingezogen sind, würden eine deutlich höhere Miete bezahlen als diejenigen, die dort schon länger wohnten, sagte Sören Drescher von der Landesweiten Planungsgesellschaft. Die Auswertung zeige, dass untere Einkommensklassen in den vergangenen Jahren nicht mehr zugezogen sind.

Durch die Milieuschutzsatzung sollen „negative städtebauliche Folgen verhindert werden“, etwa der Verlust von günstigem Mietwohnraum, der sozialen Mischung und der nachbarschaftlichen Strukturen. Tritt die Milieuschutzsatzung in Kraft, müssen Modernisierungen und Sanierungen in diesem Gebiet künftig von der Stadt genehmigt werden, selbst wenn die Landesbauverordnung dies nicht vorsieht. „Der Milieuschutz ist ein städtebauliches Instrument und dient nicht dem individuellen Mieterschutz", sagte Drescher.

Zwar wurde der Milieuschutzsatzung für den Stadtteil Seelberg im Bezirksbeirat mehrheitlich zugestimmt, dennoch sind die Fraktionen geteilter Meinung über deren Nutzen. Ablehnung und Kritik kommt etwa vonseiten der CDU. Wenn sich Eigentümer vom Balkon bis zur Badewanne alles genehmigen lassen müssten, sinke langfristig auch deren Investitionsbereitschaft, sagte CDU-Fraktionssprecher Roland Schmid. Ähnlich beurteilen die Freien Wähler das Vorhaben. „Die sozialen Ansätze sind richtig, aber die Umsetzung ist falsch“, sagte Gerhard Veyhl. Denn Wohnbestand brauche auch Aufwertung, um die Gebäude „in eine neue Zeit zu bringen“. Von einfach verglasten Fenstern oder Ofenheizung würde niemand profitieren. Die Grünen sehen das anders: Fraktionssprecher Peter Mielert beurteilte die Satzung als „positiv“. Ähnlich sieht es die FrAktion. Es handle sich nicht um übertriebene Maßnahmen, sondern um ein Instrument, das noch nicht scharf genug sei“, sagte Siegfried Deuschle. Schließlich gehe es nicht darum Vermieter, die sich „normal Verhalten“ zu bestrafen, sondern „schwarze Schafe einzufangen“. Positives kann auch die SPD der Milieuschutzzulassung abgewinnen: „Modernisierung wird dadurch nicht pauschal verboten“, sagte Marcel Schlatterer und regte – wie auch die FrAktion – an, zu prüfen, „ob es nicht auch weitere Gebiete gebe, die vom Millieuschutz profitieren könnten“. Im Gemeinderat wird über die Satzung am Donnerstag, 17. Dezember, entschieden.

Das Thema ist in der Landeshauptstadt nicht neu: Modernisierungen, dadurch steigende Mieten oder veränderte Eigentumsverhältnisse verdrängen Wohnbevölkerung immer wieder aus ehemals bezahlbaren Quartieren. Auch die Sanierungsabsichten des Wohnbauunternehmens Vonovia am Nordbahnhof sorgten in der Vergangenheit für Schlagzeilen. Das Unternehmen besitzt auch im Seelberg etwa 300 Wohneinheiten und umfangreiche Sanierungsmaßnahmen an ihrem Bestand angekündigt.