Der alte Bahnhof (rechts) um 1906, im Hintergrund: der Friedrichsbau. Der alte Bahnhof (rechts) um 1906, im Hintergrund: der Friedrichsbau. Foto: Stuttgart History to go

Ein spannender Ort mit historischer Bedeutung ist das Metropol. Über die Zukunft des alten Bahnhofs wird gerade heftig in der Stadt gestritten – nicht zum ersten Mal in seiner Geschichte. Unser Stuttgart-Album blickt zurück.

Stuttgart - Das Metropolgebäude atmet Stadtgeschichte wie nur wenige Orte in Stuttgart. Drei Torbögen aus der Originalfassade des 19. Jahrhunderts erinnern an eine wechselhafte Vergangenheit. Eröffnet worden ist der Centralbahnhof, wie er einst hieß, 1846 zum 65. Geburtstag von König Wilhelm I. Seit die Hamburger Union Investment, die seit 2013 Besitzerin des einst städtischen Eigentums ist, erklärt hat, an dieser zentralen Stelle eine Boulderhalle zu eröffnen, ist die Aufregung in der Stadt groß. Nicht zum ersten Mal ist das stadtprägende Gemäuer zum Politikum und Streitfall geworden.

In den nächsten Wochen wird es sich entscheiden: Kann das Baudenkmal eine Kulturstätte wie seit bald hundert Jahren bleiben? Oder verträgt sich die geplante Kletterei mit dem Denkmalschutz?

Der alte Eingang besaß ursprünglich fünf Torbögen

Vom ersten Stuttgarter Bahnhof über den Ufa-Filmpalast und der größten Starbühne Württembergs bis zum schönsten Premieren- und Festivalkino der Stadt - dieser historische Ort unweit des Schlossplatzes hat seit Königs Zeiten viel erlebt.

Auf den alten Fotos sieht man, dass der Eingang aus fünf Torbögen bestand (heute sind es noch drei). Nach wenigen Jahren war die Gleisanbindung zu klein in der rasant wachsenden Stadt. Von 1864 bis 1866 erfolgte die Erweiterung mit den Arkaden und den Seitenflügeln. Der Anbau reichte bis zu jener Fläche, auf der sich heute der Palast der Republik befindet – und ging bis zum Friedrichsbau Varieté, das als führend in Deutschland galt. Die Lautenschlagerstraße gab es damals noch nicht.

Der Kopfbahnhof besaß eine Drehscheibe für Loks

Die heutige Bolzstraße hieß Schlossstraße. Der Centralbahnhof, der ein Kopfbahnhof mit einer Drehscheibe für die Lokomotiven war, ist im 19. Jahrhundert samt Umgebung zu dem geworden, was man heute „In-Viertel“ nennen würde. Ein Stück große Welt war hier zuhause. In unmittelbarer Nachbarschaft befand sich das vornehme Hotel Marquardt, das erste Haus am Platz, das bis 1938 existierte. Weil die acht Gleise nicht mehr reichten und eine erneute Erweiterung nicht mehr möglich war, musste ein neuer Standort her. So entstand der Hauptbahnhof wenige hundert Meter weiter nach den Plänen von Paul Bonatz. Der alte Centralbahnhof wurde 1922 nicht mehr gebraucht.

Der Bund für Heimatschutz kämpfte für den Erhalt der Bahnhofshalle

Schon damals wurde in der Stadt über Denkmalschutz gestritten. Investoren wollten den gesamten Bahnhof plattmachen für Geschäftshäuser. Der Bund für Heimatschutz kämpfte für den Erhalt. Am Ende sind von den fünf Torbögen drei geblieben. Der Überbau mit der Uhr konnte nicht gerettet werden. Hinter den Portalresten entstand auf Betreiben der städtischen Industriehof AG der architekturgeschichtlich bedeutsame Ufa-Palast, der 1926 eröffnet worden ist. Stuttgart bekam das größte Lichtspielhaus Süddeutschlands mit 7000 Plätzen.

Die Bombennächte des Zweiten Weltkriegs ließen von der alten Pracht wenig übrig. Nach der Währungsreform 1948 begann der Wiederaufbau, den die Industriehof AG bezahlte, während das Pächterpaar Martha und Philipp Metzler für die Innenausstattung aufkam. Die Rechnung der Brillenfabrikanten ging auf, einen von Kino und Varieté doppelt genutzten Theatersaal mit 1300 Sitzplätzen und zwei Kuppeln zu bauen. Die große Zeit war jedoch vorbei, als der Fernseher die Menschen daheim hielt. 1966 ist das Metropol geschlossen worden. Das Gebäude wurde als Palast-Kino weitergeführt, das man in den 1970ern mit fünf Sälen verschachtelte. Kinobetreiber Eberhard Mertz ließ, als er 2000 die Säle übernahm, die alte Pracht erahnen. Eine Kuppel wurde freigelegt, die Steintreppe von Linoleum befreit. Ufa-Skulpturen kehrten zurück. Das Metropol wurde zum führenden Premieren- und Festivalkino der Stadt.

Das letzte Wort hat der Denkmalschutz

Würde das Gebäude heute noch der Stadt gehören (1990 hatte die Energieversorgung TWS das Metropol übernommen, später die EnBW, dann die Bülow AG und schließlich die Union Invest), die Rettung als Kulturstätte wäre sicher. Die Stadt fordert die Kino-Nutzung. Das letzte Wort wird nun der Denkmalschutz sprechen.

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