Die Stahlbetonarbeiten am Untertürkheimer Portal des Stuttgart-21-Tunnels sind abgeschlossen. Foto:  

D - Die Mineure des S-21-Tunnels haben weitere Ziele erreicht: Die Stahlbetonarbeiten am Untertürkheimer Tunnelportal sind beendet. Zudem biegt der Innenausbau der Tunnelröhren auf die Zielgerade ein.

Untertürkheim - Für die Tunnelbauer ist der 4. Dezember ein Feiertag. Am Barbaratag ruht im Andenken an die Schutzpatronin der Bergleute und Tunnelbauer für gewöhnlich der Betrieb, es wird gefeiert. Corona-bedingt musste diese Feier dieses Jahr jedoch aussetzen. Die Mineure und Bauarbeiter, die die beiden Tunnelröhren vom Hauptbahnhof in Richtung Untertürkheim vorantreiben, hätten kurz vor Weihnachten nochmals Gründe gehabt zu feiern: In den vergangenen Wochen sind sie gut vorangekommen. Die Stahlbetonarbeiten am Tunnelportal unweit des Untertürkheimer Bahnhofs sind abgeschlossen, der Ausbau der Innenschale der ersten Röhre ist seit wenigen Tagen weitestgehend fertiggestellt, und die Aufträge für den Gleisbau der sogenannten Interregio-Kurve sind Anfang des Monats vergeben worden. Die Tunnelbauer biegen in Untertürkheim auf die Zielgerade ein: Der Anschluss des Untertürkheimer Tunnel-asts an die bestehenden Gleise erfolgt.

Wer auf dem Eszet-Steg steht oder mit der S-Bahn an der Stuttgart-21-Baustelle vorbeifährt, erkennt die Fortschritte deutlich: Sowohl das in offener Bauweise errichtete Tunnelportal als auch der rund 300 Meter lange Trog, in dem die Züge künftig vom Tunnel auf die oberirdischen Gleisstrecken einbiegen werden, sind gut zu erkennen. „Die eigentlichen Stahlbetonarbeiten sind beendet“, sagt Andreas Dörfel, der als technischer Teamleiter für die Projektsteuerung in den Stuttgart-21-Tunnelabschnitten 1.2 (vom Hauptbahnhof auf die Filder) und 1.6a (von Hauptbahnhof nach Ober- und Untertürkheim) zuständig ist. Vor gut einem Jahr haben die Stuttgart-21-Verantwortlichen mit den Mineuren den Durchbruch der zweiten der beiden Tunnelröhren gefeiert, in den vergangenen Monaten haben die Bauarbeiter trotz Corona-Auflagen im Zweischichtbetrieb den Ausbau des Tunnelportals und des Trogs planmäßig vorangetrieben.

„Für das etwa 150 Meter lange Tunnelportal wurden in der Zeit etwa 10 000 Kubikmeter Beton sowie 2200 Tonnen Stahl verbaut“, berichtet Dorothee Pieger, die Projektingenieurin für den Tunnelabschnitt 1.6a. Mindestens ebenso beachtlich ist die Leistung für den mächtigen, rund 300 Meter langen, nach oben offenen Tunneltrog. Aus etwa 8000 Kubikmeter Beton und 1300 Tonnen Stahl haben die Baufachleute den Trog geformt. Er stellt die leicht ansteigende Verbindung zwischen dem Tunnel und dem überirdischen Gleisfeld unweit des Eszet-Stegs her. „In den kommenden Wochen erfolgen jetzt noch die Verfüllungs- und die Rückbaumaßnahmen am Verbau“, sagt Pieger.

Zeitgleich mit den oberirdischen Bauarbeiten haben die Tunnelbauer den Ausbau der inneren Schale der Stuttgart-21-Röhren vorangetrieben. Die rund sechs Kilometer langen Röhren – jeweils eine für jede Richtung – stellen den wichtigen Ringschluss vom Hauptbahnhof ins Neckartal her. Mit bis zu 160 Stundenkilometern werden künftig Züge vom Hauptbahnhof entweder in Richtung Bad Cannstatt oder über die Interregio-Kurve in Richtung Fellbach verkehren. Sie fahren in einer durch eine dicke Betonschale geschützten Röhre mit einem lichten Radius von etwas mehr als vier Metern. Die untere Hälfte der inneren Schale der ersten Röhre wurde vergangene Woche abgeschlossen. „Bis 2021 wird auch der obere Teil, das Gewölbe, fertiggestellt sein. Wir haben nun die Möglichkeit, von der Rettungszufahrt an der Benzstraße bis zum neuen Hauptbahnhof über die fertiggestellte Sohle zu fahren“, sagt Dörfel. Die Mineure haben dann ihre Arbeit in Untertürkheim erfüllt. Den weiteren Ausbau der Tunnelröhren dürfen anschließend die Gleisbauer übernehmen.

In den kommenden Monaten werden auch die Gleisbauarbeiten im Bereich der Interregio-Kurve beginnen. Mit dem Überwerfungsbauwerk wird eine Eisenbahnüberführung errichtet, die künftig den Verkehr aus dem Tunnel Untertürkheim sowie Güterverkehr aus Kornwestheim kreuzungsfrei ins Remstal leitet. „Die Aufträge für den Gleisbau sowie den Lückenschluss zwischen dem Trog und der Interregio-Kurve wurden vor wenigen Tagen erteilt“, sagt Pieger.

Und auch im Obertürkheimer Ast des Stuttgart-21-Tunnels geht es wieder zügig voran. Nachdem vor drei Jahren ein Wassereintritt die Tunnelbauer etwa auf Höhe des SGU-Sportgeländes ausgebremst hatte und nur langsam weiter vorgetrieben werden konnte, haben die Mineure im Juli wieder Fahrt aufgenommen. Im Schutz eines vorauseilenden Rohrschirms haben beide Röhren mittlerweile die Gleise des Tanklagers unterquert und kamen zuletzt über zwei Meter am Tag voran. „Es fehlen noch jeweils rund 400 Tunnelmeter“, sagt Dörfel.

Oberirdisch wird auf Höhe des Nanz-Areals seit Monaten gebuddelt und Erde bewegt. Der Aushub für den Obertürkheimer Tunneltrog ist weit fortgeschritten und wird im kommenden Januar abgeschlossen sein. Dann beginnen die Arbeiten am verlängerten Teil des bergmännischen Tunnels. Zeitgleich mit den Tunnelarbeiten werden ab dem zweiten Quartal 2021 die Arbeiten am Trogbauwerk, der Rettungszufahrt sowie an der Schallschutzwand entlang des Imwegs begonnen. Dann biegen die Stuttgart-21-Bauer auch auf dieser Seite des Tunnelasts auf die Zielgerade ein.