Momentan gebe es keinen großen Bedarf an Protestaktionen, sagt Friedhelm Engel. Nun kam Schwabenstreich in Leinfelden aber zusammen – zum 600. Mal. Foto: Frank Wahlenmaier

600-mal Schwabenstreich auf dem Neuen Markt in Leinfelden: Hat sich der zähe Protest der S-21-Kritiker ausgezahlt? Eine Spurensuche vor Ort.

Am vergangenen Donnerstag feierte der Verein Lebenswertes LE, der 1997 von Claudia Moosmann gegründet wurde, eine Zusammenkunft der besonderen Art. Denn bis dahin haben Moosmann und ihre Mitstreiter seit dem 5. August 2010 insgesamt 600-mal zu einem sogenannten Schwabenstreich am Neuen Markt in Leinfelden eingeladen.

Der Schwabenstreich als Aktionsform geht auf den Schauspieler und S-21-Kritiker Walter Sittler sowie auf den damaligen Hausregisseur des Staatstheaters Stuttgart, Volker Lösch, zurück, um gegen das Großprojekt der Deutschen Bahn zu demonstrieren. Ziel des Ablegers auf den Fildern war es, die Pläne der Bahn, dass in Zukunft Fernzüge auf S-Bahngleisen durch die Wohngebiete bis zum Flughafenbahnhof brausen könnten und somit eine Verschlechterung des öffentlichen Nahverkehrs bewirken würden, zu vereiteln.

Eine Minute lang Trillerpfeifen

„Kein IC durch LE“ hieß das Motto der Initiative Lebenswertes LE. Bereits im Jahr 1997 sammelten die Gegnerinnen und Gegner der S-21-Pläne für die Filder 7200 Unterschriften von wahlberechtigten Bürgern aus Leinfelden-Echterdingen gegen die Fernbahn. Bedeutet, knapp ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger der Stadt hatten sich gegen das Bahnprojekt ausgesprochen. Bis zuletzt haben die Demonstrierenden bei den Schwabenstreichen am Neuen Markt jeweils eine Minute lang mit Trillerpfeifen und Ratschen ordentlich Krach gemacht, um auf ihren Unmut weiterhin aufmerksam zu machen. „Das sind zusammengerechnet zehn Stunden Lärm“, sagt Steffen Siegel, der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Filder, der an diesem Tag anstelle der erkrankten Claudia Moosmann als Jubiläumsredner auftrat.

Wogegen richtet sich der Protest?

Doch wie steht es am Ende des Tages um die Bilanz? Hat sich all die Zähigkeit, Ausdauer und der Lärm der örtlichen Gegner am Ende bezahlt gemacht? „Offiziell ist die Antragstrasse für die Gäubahn ja noch im Spiel und nicht zurückgezogen worden“, sagt Friedhelm Engel, stellvertretender Vorsitzende von Lebenswertes LE. „Parallel hat die Bahn jetzt noch den Pfaffensteigtunnel in die Waagschale geworfen.“

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Diese Planungen versetzen allerdings die Landwirte auf den Fildern in Alarmbereitschaft, da sie befürchten, durch den Kurswechsel und die damit verbundenen Bauarbeiten fruchtbaren Agrarboden einbüßen zu müssen. Friedhelm Engel sieht im Moment trotzdem keinen großen Bedarf an weiteren Protestaktionen. „Aber wer weiß, wenn alles ganz anders kommt, eventuell kommen wir dann mal wieder.“