Aus einem Sturmschaden wird Kunst: Das Operndach im Eckensee. Zur Präsentation trafen sich Alt-OB Wolfgang Schuster (kleines Bild rechts) und OB Frank Nopper. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Das vom Sturm zerknüllte Operndach aus Kupfer ist als Mahnmal in Stuttgart eingeweiht worden. Es soll jedoch nicht für immer im Eckensee liegen bleiben.

Die Wetterlage hätte passender kaum sein können: Einen Tag nachdem Sturmtief Nasim für abgedeckte Dächer und umgestürzte Bäume in der Stadt gesorgt hatte, ist am Freitag Stuttgarts bekanntestes Kupferknäuelganz offiziell im Oberen Schlossgarten zu einem Mahnmal gegen den Klimawandel erhoben worden. Weil der Sturm der vergangenen Tage an dem bereits seit Mittwoch im Eckensee installierten über zwei Tonnen schweren ehemaligen Operndach mächtig gerüttelt und gezerrt hat, hatten die Verantwortlichen des zuständigen Amts Vermögen und Bau Baden-Württemberg die amorphe Masse sogar zusätzlich mit einigen Gurten festzurren müssen. Ein zweites Mal sollte das Gebilde, das entfernt an ein zusammengeknülltes Stück Papier erinnert, nicht davonfliegen.

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Anlässlich der Einweihung des Mahnmals erinnerte Kulturstaatssekretärin Petra Olschowski an die Ereignisse in der Nacht vom 28. auf den 29. Juni vergangenen Jahres: Damals hatte ein Unwetter Teile des 500 Quadratmeter großen kupfernen Dachs des Staatstheaters herausgerissen. Ein großes Stück, eben jenes, das nun im Eckensee seinen Platz gefunden hat, war in die Tiefe gestürzt und hatte sich dabei spektakulär verformt. Olschowski vertrat am Freitag den aufgrund Quarantäne verhinderten Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne).

Das Knäuel als Klima-Mahnmal

„Wir wissen, dass das keine einzelne Wetterkapriole war, sondern dass sich solche Starkwetterereignisse häufen“, betonte Olschowski. Das Kupferknäuel sei deshalb ein Klima-Mahnmal, das in Nachbarschaft zum Landtag die Politik zum Handeln auffordere. „Städte spielen bei der Klimakrise eine entscheidende Rolle“, sagte die Staatssekretärin. Sie verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass zum Klimaschutz auch sinnvoll sanierte alte Bausubstanz beitragen könne. Das zerstörte Kupferdach zeige deshalb auch, wie dringend notwendig die geplante Sanierung des Opernhauses sei. Olschowski äußerte die Hoffnung, dass das Kupferknäuel „zu einer Art Wahrzeichen für Stuttgart“ werden könnte.

Das freilich würde voraussetzen, dass die Sturm-Skulptur tatsächlich dauerhaft im Eckensee verbleiben darf – was nicht der Fall zu sein scheint: Da der gesamte Obere Schlossgarten unter Denkmalschutz steht, soll nach Auskunft des Finanzministeriums das Kupferknäuel „nur temporär für die Dauer von rund drei Jahren installiert werden“, so verlangten es die Anforderungen des Denkmalschutzes.

Im Rahmen der Einweihung war davon am Freitag allerdings nicht die Rede. Lediglich OB Frank Nopper (CDU) deutete an, dass die Installation „vorübergehend, aber dafür umso eindrücklicher“ mahne, den Klimawandel ernst zu nehmen.

Die Idee, aus einem Werk der Zerstörung ein Klima-Mahnmal zu machen, hatte ursprünglich der SPD-Landtagsabgeordnete Martin Rivoir. Er verriet am Freitag, dass ihn Joseph Beuys Erweiterter Kunstbegriff zu der Idee inspiriert hatte.

Demonstranten kritisieren die Politik

Alt-OB Wolfgang Schuster nutzte als Vorsitzender des Fördervereins der Staatstheater Stuttgart die Veranstaltung, um die anstehende Sanierung des Opernhauses zu thematisieren: Es sei wichtig, dass dieses große und langfristige Projekt „solide politisch und rechtlich verankert“ werde, sagte Schuster. Er regt einen entsprechenden Vertrag zwischen Stadt und Land an, damit die Sanierung „unabhängig von Krisen und Finanzbudgets“ gesichert sei. Außerdem schlug er vor, parallel zum Sanierungsvorhaben einen öffentlichen Veranstaltungszyklus durchzuführen, bei dem darüber nachgedacht werde, was „Theater morgen und übermorgen bedeutet“.

Ein Gruppe von Klimaaktivisten der Initiative „Scientist Rebellion“ nutzte die Einweihungsfeier am Freitag, um mit Transparenten darauf hinzuweisen, dass die Politik ihrer Ansicht nach nicht entschieden genug gegen den Klimawandel vorgeht. Die Aktion sei Teil einer bundesweiten Kampagne, erklärte eine Aktivistin.