Animationskunst aus Japan: Szenenbild aus „Mein Nachbar Totoro“ von 1988 Foto: imago images/Mary Evans

Das Beste, was Japan an kindgerechter Animation zu bieten hat, kommt aus dem Studio Ghibli. Netflix hat nun die Werke des legendären Regisseurs Hayao Miyazaki und seiner Mitstreiter zusammengetragen: Ein Fest für Eltern und Kinder.

Stuttgart - Wohlstand ist relativ. Viele Kinder in Deutschland sind, auch wenn sie keine Millionäre als Eltern haben, superreich, gemessen an Kindheiten anderswo. Trotzdem gibt es auch hierzulande Dinge, die man jedem Kind als Grundausstattung wünschen möchte: die schönen Filme von Pixar beispielsweise, „Toy Story“, „Findet Nemo“ oder „Oben“. Pixar gilt als kreatives Ausnahmestudio in Hollywood, dem man allerlei Geheimnisse, Zaubertränke und gute Feen als Erfolgshelfer zutraut.

John Lasseter, der über Metoo-Vorwürfe gestolperte Ex-Chef, galt lange als eine der Superwaffen des Studios. Im Jahr 2014, bei einem Grußwort fürs Tokyo Animation Festival, hat Lasseter ein anderes Geheimnis von Pixar gelüftet: „Immer, wenn wir bei Pixar oder Disney nicht weiter wissen, lasse ich ein paar Szenen aus einem Miyazaki-Film laufen, damit uns wieder Inspirationen kommen.“

Sofort verliebt

Miyazaki, damit ist der 1941 geborene Hayao Miyazaki gemeint, Japans bedeutendster Animationsfilmer. Dessen Werke galten, als sie vor Jahrzehnten erstmals im Westen auftauchten, vielen der an Disneys Ästhetik gewöhnten Erwachsenen als arg exotisch. Um nicht zu sagen, als verstörend befremdlich.

Heute kann man das kaum noch glauben. Längst nennt man auch im Westen die Filme, die aus dem von Miyazaki mitbegründeten Studio Ghibli kamen, in einem Atemzug mit den Werken aus dem Hause Walt Disney und Pixar. Vor allem Kinder, die noch keine festgefressenen Erwartungen haben, verlieben sich sofort in die Figuren, Bilder und Geschichten der Ghibli-Filme.

Kostbarkeiten einer anderen Epoche

Die allerdings sind nun bereits Kostbarkeiten aus einer anderen Epoche. Miyazaki hat sich verständlicherweise aufs Altenteil zurückgezogen, das Studio ist weitgehend stillgelegt. Seine aufwendige Animation hält dem modernen Kostendruck nicht stand. Diese Filme refinanzieren sich nicht über ihre Kinoeinsätze, sondern allmählich über das Abspiel in Kinderzimmern. Das braucht seine Zeit.

Eine Blu-ray-Sammlung muss man nun allerdings nicht mehr zusammenkaufen,. um seinen Kindern fast alle Ghibli-Werke zeigen zu können. Der Streamingdienst Netflix hat die Lizenzen für 21 Filme voller Naturgeister, Wunderwesen, Niedlichkeiten und kluger Gedanken erworben. Seit 1. April sind sie nun sämtlich abrufbar, „Mein Nachbar Totoro“ ebenso wie „Prinzessin Mononoke“ und „Chihiros Reise ins Zauberland“.

Das ist eine kluge strategische Entscheidung: Disney hat seinen eigenen Streamingdienst eröffnet und dafür seine Trickfilme bei Netflix abgezogen. Die Lücke wollte gefüllt sein. Für Eltern und Kinder aber ist es schlicht ein Glück. Denn für Ghibli-Filme gilt dasselbe wie für die von Pixar: Man wünscht jedem Kind, mit ihnen aufwachsen zu dürfen. In unserer Bildergalerie finden Sie einige Eindrücke dieser Filme.