Stefan Brink zitiert viele Paragrafen und beleuchtet die Weitergabe des Schreibens aus verschiedenen rechtlichen Perspektiven (Archivbild). Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Die Staatsanwaltschaft ermittelt, die Opposition will seinen Rücktritt, ein Untersuchungsausschuss steht bevor. Nun eröffnet auch noch der oberste Datenschützer des Landes ein Verfahren gegen Thomas Strobl. Der Minister steht mit dem Rücken zur Wand.

Der Datenschutzbeauftragten Stefan Brink gibt nun offiziell bekannt: Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat aus seiner Sicht mit der Weitergabe eines Schreibens des Anwalts eines ranghohen Polizisten an einen Journalisten klar gegen das Gesetz verstoßen. Zu dem Ergebnis kommt ein „datenschutzaufsichtsrechtliches Prüfverfahren“, zu welchem ihn die SPD aufgefordert hat. In einem neunseitigen Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, begründet Brink, warum Strobl aus seiner Sicht gegen den Datenschutz verstoßen hat. Deshalb hat der oberste Datenschützer im Südwesten nun auch ein aufsichtsbehördliches Verfahren in der Sache eröffnet.

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch hatte Brink aufgefordert, die Affäre um die Weitergabe eines Anwaltsschreibens offiziell unter datenschutzrechtlichen Aspekten zu prüfen. Das Ergebnis bestätigt nun den Vorwurf der Opposition, dass Strobl mit der Weitergabe des Schreibens auch gegen den Datenschutz verstoßen habe. Damit gerät der Innenminister an einer weiteren Flanke unter Druck. Die Weitergabe des Schreibens, so Brink, sei weder nach Fachgesetzen noch nach allgemeinen Datenschutzvorschriften zu rechtfertigen. „Die Übermittlung verletzt daher das einschlägige Datenschutzrecht und ist deshalb als rechtswidrig zu bewerten.“

Verschiede rechtliche Perspektiven

Brink zitiert viele Paragrafen und beleuchtet die Weitergabe des Schreibens aus verschiedenen rechtlichen Perspektiven. In dem Fall seien personenbezogene Daten eines Landesbeamten an einen Dritten übermittelt worden. Weder habe eine Einwilligung der betroffenen Person vorgelegen noch habe es eine spezifische gesetzliche Regelung gegeben, die die Datenübermittlung legitimiert hätte.

Der Landesbeauftragte für Datenschutz hat nun als Aufsichtsbehörde ein Verfahren eröffnet. Dieses werde aber mit Rücksicht auf die laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen „erst nach förmlichem Abschluss des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft und unter Einbeziehung der dann vorliegenden Ermittlungsergebnisse weitergeführt“, teilte Brink mit.

Strobl massiv unter Druck

Strobl steht wegen der Affäre massiv unter Druck. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den 62-jährigen Minister und Vize-Regierungschef der grün-schwarzen Koalition unter anderem wegen des Verdachts verbotener Mitteilung über Gerichtsverhandlungen. Der Reporter wird verdächtigt, aus amtlichen Dokumenten des laufenden Verfahrens gegen den Polizisten zitiert zu haben. Strobl wiederum soll ihn dazu angestiftet haben. SPD und FDP fordern die Entlassung des Ministers. Die FDP-Fraktion stellte zudem Strafanzeige gegen Strobl, unter anderem wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen.

Im Zentrum der Affäre stehen eigentlich Ermittlungen gegen einen führenden Polizisten wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung. Der Mann soll eine Hauptkommissarin in einem Videochat belästigt haben. Aus Kreisen des Innenausschusses hieß es, aus der Abschrift des Videochats, die den Abgeordneten vorliegt, gehe deutlich hervor, dass der Mann der Polizistin angeboten habe, ihr bei der Karriere zu helfen, wenn sie ihm sexuell zu Diensten sei. Was die Sache noch brisanter macht: Der Beamte war vor seiner Suspendierung bei der Landespolizei für die interne Wertekampagne gegen sexualisierte Gewalt zuständig.

Strobl habe für „maximale Transparenz“ sorgen wollen

Strobl räumt ein, im Dezember das Schreiben des Anwalts an die Presse durchgestochen zu haben. Der Minister argumentiert, er habe keine Dienstgeheimnisse verraten. Er habe damit für „maximale Transparenz“ sorgen wollen. In dem Schreiben hatte der Anwalt des suspendierten Beamten dem Ministerium ein persönliches Gespräch angeboten, das für beide Seiten besser sei als ein juristisches Verfahren. Strobl argumentiert, dies sei ein „vergiftetes Angebot“ für einen Deal gewesen. Um einer möglichen Veröffentlichung durch die Gegenseite zuvorzukommen, habe er das Schreiben einem Journalisten gegeben.

Brink ist hingegen der Ansicht, durch das konkrete Gesprächsangebot werde keineswegs bei unbefangenen Dritten der Anschein erweckt, es solle „gemauschelt“ oder „unter den Teppich gekehrt“ werden. Vielmehr entspreche das Anwaltsschreiben und die darin geäußerte Gesprächsofferte „den üblichen Gepflogenheiten“ im Rahmen einer rechtlichen Auseinandersetzung, „wonach die anwaltliche Vertretung den Versuch einer einvernehmlichen Konfliktlösung mit dem Dienstherrn“ unternehme.

In einem Schreiben vom Montag, das der dpa vorliegt, fordert Stoch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) auf, zu dem Prüfungsergebnis Brinks Stellung zu beziehen - „und mitzuteilen, welche Konsequenzen Sie aus dieser Bewertung ziehen werden“. Kretschmann dürfte mit dem Thema bei der wöchentlichen Regierungspressekonferenz am Dienstag konfrontiert werden.