Verzweifelte Touristen: Viele Reisende sind im Ausland gestrandet und müssen zurückgeholt werden. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Weltweit sind die Reiseströme ins Stocken gekommen. Dies wirkt sich auch vor Ort aus: Die Beraterinnen in den Reisebüros sind im Stress. Sie beruhigen verzweifelte Kunden. Dabei ist ihre eigene Zukunft ungewiss.

Wangen - Über zu wenig Arbeit müssen sich die Fachberaterinnen in den Reisebüros nicht beschweren. Sie hängen fast permanent am Telefon. „Insgesamt sehen wir momentan eine große Buchungszurückhaltung und ein großes Informationsbedürfnis. Die Kunden suchen Rat im Reisebüro und bei den Callcentern der Veranstalter“, sagt Angela de Sando, die Pressesprecherin von DER Touristik Deutschland. Nicht nur in den DER-Büros in Untertürkheim und Bad Cannstatt herrscht Ausnahmezustand. Andrea Grünewald, die Geschäftsführerin des Wangener Reisebüros kennt das oft stressige Touristikgeschäft seit Jahrzehnten. Sie hat einige stürmische Zeiten überstanden, Streiks des Flughafenpersonals, die Auswirkungen der Anschläge des 11. Septembers und andere Krisen erlebt. „So etwas gab’s aber noch nie“, sagt sie. Der Coronavirus hat die Reisebranche durcheinander gewirbelt und fast zum Erliegen gebracht.

Eigentlich ist ihr und ihrer Kollegin zum Heulen zumute, doch professionell, mit ruhiger Stimme antworten sie den Kunden, beruhigen sie und geben Tipps. Die Kundenwünsche sind vielfältig: Viele haben in naher oder fernerer Zukunft einen Urlaubstrip gebucht. Nun wollen sie wissen, ob die Reise durchgeführt wird oder sie wollen doch lieber im eigenen Heim bleiben. Stornieren oder abwarten? Andere sind bereits an ihrem Traumziel, haben herrliche Urlaubstage erlebt, sorgen sich jetzt aber, ob ihr Flugzeug sie überhaupt nach Hause bringen wird. Viele Fluggesellschaften lassen ihre Jets am Boden. Die Verzweiflung und Ratlosigkeit der Kunden im tausend Kilometer entfernten Ausland sind durchs Telefon in Wangen spürbar.

Grünewald und ihre Mitarbeiterinnen wollen den Kunden helfen. Dabei hängen auch sie oft minutenlang in der Telefonschleife eines Reiseunternehmens oder einer Fluggesellschaft. Viel Geduld, gesunde Nerven und eine große Portion Optimismus sind nötig. Die Reisefachberaterinnen bringen einen Alternativflug in Erfahrung, beruhigen Verzweifelte, verbreiten Zuversicht. Dabei hätten sie selbst einen Seelentröster nötig. Kunden, die eine Reise beispielsweise für den Herbst oder Dezember buchen, sind die große Ausnahme. „Unsere eigene Zukunft sieht nicht rosig aus“, sagt Grünewald.

„Die Ungewissheit ist groß“, sagt auch Axel Guot vom Cannstatter Reisebüro. Man wisse nicht, wie lange die Situation noch andauere und wie schwer sie sich auswirke. Guot meint dabei nicht nur die Zukunft der Touristikbranche, sondern auch das Tagesgeschäft. Fast stündlich gäbe es neue Restriktionen, Einreisebeschränkungen. Immer mehr Staaten würden die Einreise von Deutschen verbieten und ihre Grenzen dichtmachen, sagte er am Montag. Seit Dienstag gilt nun eine Reisewarnung des Außenministers für die ganze Welt. Die Reise ins Ausland ist unmöglich. „Die Veranstalter und Fluggesellschaften sind bei Stornierungen oder Umbuchungen jedoch kulant,“ beruhigt Guot. Dies gelte zumindest für Pauschalreisende. Wer seine Reise im Internet gebucht hat, könnte nicht nur auf den Kosten, sondern auch in der Fremde sitzen bleiben. Doch auch für sie werde gesorgt: „Die Lufthansa starte eine Rettungsaktion für Deutsche, die irgendwo festsitzen.“