Zwischen Regionaldirektorin Nicola Schelling und dem ehrenamtlichen Präsidenten Thomas Bopp tobt ein Machtkampf. Fotos: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Detlef Holland

Stuttgart - Durch die Spitze des Verbands Region Stuttgart scheint - wieder einmal - ein tiefer Riss zu gehen. Seit längerem schon gibt es einen Machtkampf zwischen dem Regionalpräsidenten Thomas Bopp, der seit 2007 gewählt ist, und Regionaldirektorin Nicola Schelling, die nach längerer Vakanz vor nunmehr zwei Jahren ins Amt kam. Schelling wirft Bopp vor, seine im Verbandsgesetz geregelten Kompetenzen massiv zu überschreiten. Auch wenn über die jüngste nichtöffentliche Sitzung des Ältestenrates des Verbands verständlicherweise niemand offen reden will, muss es dort wohl zu einem offenen Schlagabtausch zwischen Schelling und Bopp gekommen sein. Schelling pocht darauf, dass sie in einer starken Stellung als Regionaldirektorin den Verband nach innen und außen vertreten kann. Sie will nicht „Weisungsempfängerin“ von Bopp sein. Und der Verbandspräsident soll nicht eigenmächtig über die Verwaltungsgeschäftsstelle und Räume verfügen. Schelling verlangt in der im Verbandsgesetz vorgesehenen Doppelspitze von politischem Vorsitz (Bopp) und Verwaltungsvorsitz (Schelling) vor allem eine gegenseitige Aufgabenrespektierung. Der Regionalpräsident sei „der Kanal zwischen der Regionalverwaltung und der Regionalversammlung“, sagt Schelling - nicht aber ein Vorsitzender, von dem man sagt: Ohne den geht’s nicht.

Zu viele Aufgaben übernommen

Bopp wehrt sich gegen den schon wiederholt erhobenen Vorwurf, er habe nach dem Ausscheiden der früheren Regionaldirektorin Jeannette Wopperer in der einjährigen Vakanzzeit zu viele Aufgaben von der Verwaltung an sich gezogen. „Die Aufgaben haben die beiden Verwaltungsdirektoren Jürgen Wurmthaler und Thomas Kiwitt übernommen“, betont Bopp gegenüber unserer Zeitung. Sie hätten die Verwaltungsvorlagen für die Ausschusssitzungen und Versammlungen erarbeitet. Er könne daher die Klagen von Frau Schelling nicht verstehen. Es gebe die gewählte Regionalversammlung und den Verbandsvorstand. „Aufgabe des Regionalpräsidenten ist es, nicht nur die Sitzungen zu leiten, sondern diese auch vorzubereiten“, nimmt Bopp für sich in Anspruch. Und dass ein Regionalpräsident politisch nach außen hin stark auftritt, sei doch „selbstverständlich“.

Die Doppelsitze des Verbands ist eine rechtlich schwierige Konstruktion, weil die Kompetenzabgrenzungen fließend sind. Laut dem Verbandsgesetz ist die Regionaldirektorin oder der Regionaldirektor tatsächlich die stärkere Person: als Vertreter des Verbands nach außen, als Verbandsleitung und im Vollzug der Beschlüsse des Regionalparlaments. Gleichzeitig leitet aber der ehrenamtliche Präsident die Regionalversammlung und die Ausschüsse, bereitet deren Tagesordnung vor - und ist zudem „Dienstvorgesetzter“ des Direktors. In dieser Funktion hat Bopp im Kern aber nur Weisungsrechte über das Kontrollrecht gegenüber dem Organ Verwaltung, nicht aber gegenüber der Verwaltung selbst.

Im Grunde genommen funktioniert so eine Doppelspitze - von der es heißt, sie sei geschaffen worden, um den Verband politisch nicht zu stark werden zu lassen - nur, wenn Direktorin und Präsident miteinander können und nicht gegeneinander arbeiten. Der erste Regionaldirektor Bernd Steinacher, der in den 1990er-Jahren den Verband aufgebaut hatte, hatte seine Kompetenzen überaus stark genutzt. Die Verbandspräsidenten verschwanden mehr oder minder hinter dem umtriebigen „Mister Region“, der die Gespräche mit den Bürgermeistern und Landräten suchte, von denen nicht wenige auch in der Regionalversammlung vertreten sind.

Führungskrise bewältigt

Inzwischen hat der Verband bereits eine Führungskrise bewältigt. Die frühere Direktorin Wopperer war lange Zeit krank - und musste dann aus ihrem Amt ausscheiden. Bopp hatte bis zur Ernennung einer neuen Verwaltungsspitze die Gesamtleitung übernommen. Und so mancher Kritiker wirft ihm vor, diese starke Position und Gestaltungsmacht zu verteidigen. Schelling geht um „das Funktionieren des Verbands“, wie sie sagt. Beide Seiten wollen sich noch einmal zusammenraufen - heißt es. Ob dies gelingt, ist offen. Schellings Hausmacht in der Regionalversammlung scheint jedenfalls nicht allzu groß zu sein. In den Fraktionen gibt es schon seit einiger Zeit Kritik an der parteilosen Juristin, die vor zwei Jahren aus einem Feld von 56 Bewerbern ausgewählt und aus der Landesvertretung in Brüssel geholt worden war. Zugleich war sie seinerzeit auch die Favoritin von Bopp. Sie sei fleißig und bemüht, sie verstehe es aber nicht recht, politische Mehrheiten für ihre Anliegen zu organisieren, heißt es schon länger hinter vorgehaltener Hand. Auch selbst sieht sie sich nicht als politische Person, deren Aufgabe es sei, in die Fraktionen zu gehen und politische Mehrheiten zu suchen. Ein Fehler? Ihre Arbeit sieht sie „transparent und sachbezogen“. Vorwürfe machen allerdings die Runde, dass sie bis heute keine eigenen thematischen Akzente gesetzt habe. So richtig Streit zwischen ihr und Bopp gab es erstmals bereits im Oktober 2014, als sich Schelling einen Tesla aus amerikanischer Produktion als Dienstwagen bestellte - und nicht aus heimischer. Bis heute verteidigt Schelling die Anschaffung des 385-PS-Elektroautos damit, den hiesigen Autobauern bei der E-Mobilität auf die Sprünge helfen zu wollen - die E-Mobilität ist „Herzensangelegenheit“ Schellings.

Auf dem Boden des Gesetzes

Bopp will seine Interessen wahren. Seinen Arbeitsstil sieht er auf dem Boden des Verbandsgesetzes. „Das kann man dort nachlesen.“ Dabei hat er offenbar eine große Mehrheit der Regionalversammlung hinter sich. Nur die Fraktion der FDP und die Linke gelten als Unterstützerin Schellings. Andere Fraktionen schweigen. Schelling will ihre Stellung halten und sagt: „Auf der Grundlage gegenseitiger Akzeptanz der Aufgaben des anderen kann man hervorragend zusammenarbeiten.“ Bopp will hingegen keine Stellungnahme zu Inhalten der Ältestenratssitzung abgeben - und wie es weitergehen soll mit der Doppelspitze. Bopp betont: „Ich bin Dienstvorgesetzter von Frau Schelling und rede nicht öffentlich über Mitarbeiter.“