Die EU-Grenzschutzagentur bewacht die europäische Außengrenze. Foto: dpa/Christian Charisius

Die europäische Grenzschutztruppe Frontex wird mit immer neuen Vorwürfen im Umgang mit Flüchtlingen konfrontiert. Die Linke fordert, die Unterstützung der baden-württembergischen Polizei einzustellen. Die Grünen im Bundestag sehen es ähnlich.

Stuttgart - Pushbacks werden die gewaltsamen Zurückweisungen genannt, mit denen Flüchtlinge am Zutritt europäischen Bodens gehindert werden sollen. Neben der griechischen Küstenwache soll die europäische Grenzschutzagentur Frontex für solche Aktionen auf den griechischen Inseln und an der griechisch-türkischen Landgrenze verantwortlich sein. Allein von März bis Dezember 2020 seien mehr als 9700 Menschen in 321 dokumentierten Fällen in die Türkei zurückgedrängt und damit des Asylrechts beraubt worden, schätzt die Menschenrechtsorganisation Mare Liberum. Frontex bestreitet „illegale“ Rückschiebungen.

„Keine Unterstützung für Menschenrechtsverletzungen“

Linke und Grüne im Bundestag fordern nun einen Abzug der deutschen Kräfte. Der Karlsruher Linken-Abgeordnete Michel Brandt, Obmann seiner Fraktion im Ausschuss für Menschenrechte, schildert, dass im Vorjahr mehr als zwei Dutzend Landespolizisten für Frontex tätig gewesen seien – auch aus dem Südwesten. In der EU-Agentur herrsche ein enormer Druck, die es den Beamten nicht leicht mache, die Beteiligung an möglicherweise rechtswidrigen Einsätzen zu verweigern.

Brandt fordert Grün-Schwarz auf, „mit sofortiger Wirkung alle Landespolizisten aus Frontex-Einsätzen abzuziehen“. Baden-Württemberg dürfe weder direkt noch indirekt Menschenrechtsverletzungen an EU-Außengrenzen unterstützen. Er erwarte von der Landesregierung auch, sich „für eine konsequente Aufarbeitung der Rolle des Bundesinnenministeriums im Skandal um Pushbacks einzusetzen“.

Zwiespältige Rolle für die Grünen

Unterstützung findet die Linksfraktion bei den Grünen im Bundestag, die die deutsche Unterstützung für die in vielfacher Hinsicht umstrittene Grenzschutztruppe ebenso infrage stellen. Beklagt wird, dass sowohl Frontex als auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) jeden Drang zur Aufklärung vermissen lassen. Die Ablehnung in Berlin bringt wiederum die im Südwesten regierenden Grünen in eine zwiespältige Rolle, die den CDU-Innenminister der eigenen Koalition nicht unter Druck setzen wollen.

Innenminister sieht „wichtigen Beitrag“ von Frontex

Frontex wird seit 2015 durch Baden-Württemberg unterstützt. Nach Angaben des Innenministeriums haben sich im Vorjahr 22 Polizeibeamte an Einsätzen in Bulgarien, Griechenland und Italien beteiligt. Aktuell seien vier Beamte für „zeitnah avisierte Einsätze vorgesehen“, sagt ein Sprecher. Derzeit sei kein Polizist aus Baden-Württemberg beteiligt. Zum Rückzug sieht man keinen Anlass. „Frontex leistet einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität“.