Die neugewählten Fraktionsvorsitzenden der AfD, Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende der AfD, und Tino Chrupalla (r) Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die AfD-Fraktion bleibt bei zwei Vorsitzenden. Vor der Entscheidung wurde kontrovers diskutiert.

Berlin - Die Grabenkämpfe in der AfD haben nun auch die neue Bundestagsfraktion zum Start beschädigt: Erst nach turbulenten zweitägigen Beratungen hat die AfD-Fraktion die beiden Spitzenkandidaten Alice Weidel und Tino Chrupalla zu ihrer neuen Doppelspitze gewählt. Obwohl die beiden ohne Gegenkandidaten antraten, erhielten sie nur 66 Prozent der Stimmen. Der Wahl waren seit Mittwoch teils heftige Diskussionen vorausgegangen, weshalb die Entscheidung erst am Donnerstag fiel.

Streitpunkt Arbeitsordnung

Der Machtkampf in der Partei wurde in der Fraktion an Strukturfragen ausgetragen: Streitpunkt war die Arbeitsordnung, die auch die Wahlen des Vorstands regelt. Schon im Vorfeld hatten mehrere Abgeordnete den Plan Weidels und Chrupallas torpediert, sich als Team in einem gemeinsamen Wahlgang wählen zu lassen. Einige votierten dafür, nur einen Fraktionschef zu wählen, andere wollten zwar eine Doppelspitze, aber voneinander getrennte Wahlgänge. Am Ende entschied sich die Fraktion ganz knapp für die Wahl im Team: Die Abstimmung zeigte zugleich, wie gespalten die neue Fraktion ist – jeweils 37 Abgeordnete stimmten für und gegen die getrennte Wahl, der Vorschlag erhielt damit keine Mehrheit.

Die Strukturdebatte war von Gegnern Weidels angezettelt worden, Ziel war es, deren Wiederwahl an die Fraktionsspitze zu verhindern. Ein Teil der alten Fraktion kritisiert schon seit längerem sowohl Weidels Führungsstil als auch angeblich häufige Abwesenheiten. Kritiker sprachen von „mangelnder Leistungsbereitschaft“. Die Fraktionschefin und Stellvertretende Vorsitzende hat sich in den vergangenen Jahren Feinde in der Partei gemacht, sie gilt als Kontrahentin von Parteichef Jörg Meuthen. Dieser hatte sich bereits am Mittwoch gegen eine Doppelpack-Abstimmung ausgesprochen.

Debatte über Ehrenvorsitzenden

Unterstützt hatte diese Lösung dagegen der scheidende Co-Fraktionschef Weidels, Alexander Gauland. Aber auch Parteigründer bekam eine bittere Rückmeldung aus der Fraktion: Die Abgeordneten lieferten sich eine Debatte darüber, ob ein Ehrenvorsitzender Stimmrecht haben und im Vorstand sitzen sollte. Zwischenzeitlich habe Gauland angekündigt, auf den Ehrenvorsitz zu verzichten, hieß es laut Teilnehmerkreisen. Am Ende wurde er in das Amt gewählt, ohne Stimmrecht im Vorstand. Man könne sehen, dass die Fraktion eine Menge Arbeit vor sich habe „um die vorhandenen Gräben zuzuschütten“, sagte der Abgeordnete Kay Gottschalk.

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Die weiteren Debatten in der konstituierenden Sitzung werfen auch ein Schlaglicht auf die Richtungsstreitigkeiten in der Partei. Ein Streitpunkt, die Frage der Abgrenzung nach rechts, wurde an einer Personalie diskutiert. Die 83 Abgeordneten diskutierten über Stunden, ob sie den neu gewählten Abgeordneten Matthias Helferich in die Fraktion aufnehmen sollten. Gegen diesen hat der Bundesvorstand eine Ämtersperre verhängt, sich allerdings gegen ein Parteiausschlussverfahren entschieden. Bekanntester Grund sind Chatprotokolle, in denen Helferich sich selbst als „Freundliches Gesicht des NS“ bezeichnet, es ging aber auch um andere Beispiele. Die Fraktion stimmte schließlich nicht ab, da Helferich sich entschied, freiwillig zu gehen. Allerdings will man noch darüber entscheiden, ob er als Gast teilnehmen darf.

Viele Überraschungen

Auffällig an der zweitätigen Sitzung war, dass die alte Fraktionsspitze immer wieder von den Wendungen der Debatte überrascht wurde. Mehrere Mitglieder führten dies auch auf die neue Zusammensetzung der Fraktion zurück. Unter den 83 Abgeordneten sind 25 neu gewählt, darunter 16 mit Direktmandaten.