Eine Zahlung von bis zu 3000 Euro könnte helfen, die hohe Preissteigerung auszugleichen. Foto: Imago/Bihlmayerfotografie/Wolfgang Kumm

Nur ein Teil der Beschäftigten dürfte von der angeregten Inflationsprämie profitieren. Die steuer- und sozialabgabenfreie Sonderzahlung wird auch abhängig sein von tariflichen Lösungen oder dem guten Willen der Arbeitgeber.

Arbeitgeber und Gewerkschaften haben sie im Grundsatz begrüßt: die Anregung der Bundesregierung an die Unternehmen, ihren Beschäftigten eine steuer- und sozialabgabenfreie Sonderzahlung von bis zu 3000 Euro zu gewähren. Doch inwieweit dieser Inflationsausgleich bei den Menschen ankommt, das ist höchst fraglich. Vermutlich wird nur ein kleinerer Teil davon profitieren – und dies auch kaum noch in diesem Jahr.

Appelle statt Verpflichtungen der Arbeitgeber

Zunächst einmal muss das Bundesfinanzministerium einen Gesetzentwurf mit den Detailregeln ausarbeiten – dies könnte sich bis Oktober hinziehen. Sodann können die Arbeitgeber ohnehin nicht dazu verpflichtet werden, ihren Angestellten eine Inflationsprämie zu zahlen. Dazu hat der Staat nicht die Handhabe. Es kann also nur bei Appellen der Regierenden bleiben, dieses Instrument vor allem in den anstehenden Tarifrunden – wie in der Metall- und Elektroindustrie, in der Chemieindustrie oder im öffentlichen Dienst – zu nutzen. Wo in naher Zukunft keine Tarifrunden anstehen, was das Gros der Arbeitnehmerschaft betrifft, könnten die Beschäftigten leer ausgehen.

Die Angestellten nicht tarifgebundener Unternehmen, die in Deutschland mit 52 Prozent in der Mehrheit sind, müssen sie auf die Einsicht ihres Arbeitgebers setzen, die Inflation gesondert auszugleichen. Doch das ist eine allzu vage Hoffnung, denn warum sollten außer der Reihe und aus freien Stücken mehrere tausend Euro ausgezahlt werden – ausgerechnet jetzt, da die Energie- und Materialkosten auch für die Firmen in die Höhe schießen?

Irritationen gerade bei kleineren Unternehmen

Da ist die Situation noch einmal anders als in der Pandemie, in der die Corona-Prämie auf insgesamt 1500 Euro gedeckelt war – da bestand auch in einzelnen Unternehmen das Interesse, die steuer- und sozialabgabenfreie Sonderzahlung zu nutzen. Insofern gibt es angesichts dieser Erwartungshaltung der Politik und der Tarifpartner auch schon heftige Irritationen gerade bei Inhabern kleinerer Firmen.

Viele Firmen haben nicht das Geld in der Kasse für eine hohe Sonderzahlung. Dies dürfte auch in den Tarifrunden eine Rolle spielen: Öffnungsklauseln für Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind wahrscheinlich.

Die Gewerkschaften arbeiten hinter den Kulissen darauf hin, dass die Einmalzahlungen für die Arbeitgeber verpflichtend gemacht werden. Auch sollen flächentarifliche Lösungen einen Vorrang erhalten „gegenüber der Hoffnung auf das Goodwill einzelner Arbeitgeber“, wie ein führender Metaller sagt. „Das könnte man dadurch unterscheiden, dass die Fristigkeiten, in welchem Zeitraum die 3000 Euro in Anspruch genommen werden, unterschiedlich gestaltet werden.“

Finanzspritze frühestens im Winter

Die Verlockung ist da: In der Metall- und Elektroindustrie machen die 3000 Euro in den unteren Lohngruppen rechnerisch schon ungefähr acht Prozent Lohnplus aus. Das wäre dann ja schon die halbe Miete des Tarifabschlusses. Zugleich würde die Gefahr der sogenannten Lohn-Preis-Spirale gemindert. Den Kompromiss den eigenen Reihen zu verkaufen, täten sich beide Seiten später leichter.

In jedem Fall dürfte die Tarifeinigung, die die Finanzspritze gegen die Inflation bringt, erst im tiefen Winter erfolgen – in anderen Branchen noch deutlich später. Geduld ist daher generell gefragt.