Gas und Strom sind in Europa so teuer wie lange nicht. Foto: dpa/Marijan Murat

Die hohen Preise sind auch Folge früherer Versäumnisse. Die neue Regierung wird viel zu tun haben, kommentiert Christopher Ziedler.

Berlin - In der Physik gilt der Energieerhaltungssatz – in einem abgeschlossenen System ändert sich die Gesamtmenge nicht. Das gilt zuweilen auch in der Politik, wo allzu billige Scheinlösungen das Gemeinwesen am Ende teuer zu stehen kommen. Die gestiegenen Energiepreise würden weniger schmerzen, wäre die deutsche Energiewende nicht zuvor schon so kostspielig angelegt gewesen – eine grundlegende Reform oder Abschaffung der EEG-Umlage hätte es viel früher geben können. Deutschland wäre weniger anfällig für Wladimir Putins politische Gas-Spielchen, wenn die Regierung das Erpressungspotenzial eingeräumt und konsequenter die Erneuerbaren gefördert hätte, die zugleich die Importabhängigkeit reduzieren. Spekulationsexzessen an den Börsen Einhalt zu gebieten, galt nach der Finanzkrise als wichtiges Ziel, das aber leider in der politischen Versenkung verschwunden ist.

Langfristig besteht enormer Handlungsbedarf

Kurzfristig kann die zu erwartende Senkung der Erneuerbaren-Umlage zumindest für ein wenig Entlastung sorgen. Sollte es in den Wintermonaten tatsächlich zu Engpässen und einer weiteren Verteuerung kommen, sollte eine neue Bundesregierung auch dem Beispiel Frankreichs folgen und soziale Härtefälle finanziell abfedern. Zudem bleibt zu hoffen, dass die Experten Recht behalten mit ihrer Vorhersage, dass sich der Preisdruck im Frühjahr wieder nachlassen wird, wenn aus der konjunkturellen Aufholjagd nach Corona wieder etwas mehr wirtschaftliche Normalität einkehrt.

Langfristig besteht dennoch enormer Handlungsbedarf. Es braucht eine besser abgestimmte europäische Energieaußenpolitik. Der nötige Großausbau erneuerbarer Energien muss effizienter gelingen als bisher. Für die mit der ökologischen Transformation einhergehenden sozialen Nebenwirkungen sind Ausgleichsmaßnahmen vorzusehen. Die künftigen Bundesregierung wird mehr politische Energie investieren müssen.