Tanzen und schreien befreit, lautet das Motto der Sängerin. Foto: SWR/Markus Palmer

Mit neuem Look, glühender Energie, Funk, Soul und Dancefloor-Hits tritt Stefanie Heinzmann beim SWR Sommerfestival auf. Dem Publikum ist die Schweizerin dankbar und gibt am Ende emotionale Tipps.

Stuttgart - Es wirkt wie ein kleines Wunder, aber am Sonntagabend, im Hof des neuen Schlosses, scheint die Sonne. Wenige Stunden zuvor noch fiel Starkregen auf den Platz, fiel in die Bühne ein, auf der Stefanie Heinzmann ihren Soundcheck hielt. Dass nun nur rund 800 Besucher vor ihr stehen, ist gewiss dem Wetterbericht geschuldet. Später zwar wird es sehr kalt, aber es bleibt trocken – und Stefanie Heinzmann weiß, wie man eine Party daraus macht.

„Are we living our best life?” – das ist die Frage, die sie mit ihrem ersten Song stellt. Das Stück findet sich auf Heinzmanns jüngstem Album „Labyrinth“, erschienen im Mai 2021. Eine Handvoll Songs von diesem Album wird sie noch singen, längst nicht alle, denn für das nächste Jahr plant sie eine Tournee, bei der sie es ausführlich vorstellen möchte. Auch das hören ihre Fans gerne.

Neue Songs und ein bisschen Folklore

Mit dem neuen Album kam ein neuer Look. Stefanie Heinzmann, geboren 1989 im Schweizer Kanton Wallis, wurde bekannt vor 13 Jahren, als Siegerin eines Castingwettbewerbs, sang damals schon vor allem englischsprachige Titel, trug ihre Haare lang. Das hat sich geändert: Nun wirbelt sie mit sehr kurzen Haaren umher, trägt einen schlichten Rollkragenpullover und Jeans. Die Brille und vor allem ihre frische, sehr unkonventionelle Ausstrahlung und Energie sind geblieben. Viel Energie bringen auch The Fonkeys, ihre Tourband, mit Bass, Schlagzeug, Gitarre, Percussion, Keyboards und einer Background-Sängerin. Mit Stefanie Heinzmann spielen sie auf dem Schlossplatz gut 100 Minuten lang Funk und Soul – schnelle, gegenwärtige Dancefloor-Hits, bei denen das Publikum nicht lange ruhig bleiben kann. Ein deutschsprachiger Ruhepol in dieser aufregenden Mischung: „Ungeschminkt“ von Johannes Oerding, ein Song, den Heinzmann im Frühjahr beim Tauschkonzert des Privatsenders Vox sang, gleich darauf: „Signal“, ein Hit ihres Kollegen Joris.

Auch die Folklore ihrer Schweizer Heimat integrieren sie und ihre Band in die Show: Percussionist Ephraim Salzmann spielt das Walliser Hackbrett, das sein Vater vor 34 Jahren für ihn von Hand anfertigte – minutenlang schwebt der helle, mystische Klang der Kastenzither über dem Schlossplatz, geht dann perfekt auf im nächsten Song.

Stefanie Heinzmann hat ihre Fans vermisst

Und Stefanie Heinzmann strahlt vor Glück, an diesem Sonntagabend. „So lange haben wir darauf verzichten müssen“, sagt sie ihren Fans. „Anfangs dachte ich, vielleicht ist es ganz nett, einmal zu Hause zu bleiben, nicht immer unterwegs zu sein, nicht immer müde.“ Nun weiß sie, dass die strahlenden Gesichter ihr gefehlt haben: „Alles, was ich brauche, seid ihr. Es ist der richtige Ort, an dem ihr seid. Jetzt bringt mich bloß nicht zum Heulen hier. Ihr seid großartig!“

Auch von den vielen Therapien, die sie selbst schon hinter sich hat, erzählt sie ihren Fans – „Ehrlich gesagt, einige davon waren unfassbar unnütz, andere waren wahnsinnig toll.“ Den Stuttgartern verordnet sie am Sonntag eine Schreitherapie („Das mache ich beruflich, deshalb bin ich immer so ausgeglichen“).

Jeder, der ihr lauscht und mit ihr tanzt, soll sich vorstellen, dass alles, was ihn belastet, eine runde, weiche Kugel sei, die über ihm schwebe. Und dann sollen alle ihre vielen Kugeln auf die Bühne schleudern. „Schreit euch die Seele aus dem Leib!“, jubelt Stefanie Heinzmann. Und allen geht es bald schon sehr viel besser.