Kein Durchkommen mehr auf der Rosensteinbrücke. Foto: Sebastian Steegmüller

Die Schäden an dem Bauwerk sind offenbar so groß, dass die Stadt sofort reagieren muss. Fußgänger und Radfahrer können die Neckarquerung weiterhin nutzen.

Einigen Autofahrern, die am Donnerstagmittag über die Rosensteinbrücke gefahren sind, schwante nichts Gutes, als sie die Mitarbeiter des städtischen Tiefbauamts beobachteten. Nach und nach wurden zahlreiche Schilder und Warnbaken rund um die knapp 70 Jahre alte Stahlbetonkonstruktion aufgestellt. Um 14.15 Uhr wurde zunächst die Fahrspur in Richtung Cannstatter Altstadt gesperrt, rund eine Viertelstunde später wurde das Bauwerk dann komplett für de n Verkehr gesperrt – Radfahrer und Fußgänger ausgenommen.

LKW-Durchfahrtsverbot reicht nicht

Eigentlich wollte Claus-Dieter Hauck, beim städtischen Tiefbauamt zuständig für Stuttgarts Brücken, es beim seit Anfang Mai verhängten LKW-Durchfahrtsverbot belassen und auf diesen Schritt verzichten. Die jüngsten Ergebnisse machen ihn jedoch offenbar unvermeidbar. Noch sind die Proben der Brücken im Labor. Die Modellierung der Rosensteinbrücke mit spezieller Software und der damit verbundenen Berechnung der Statik förderte aber bereits zutage, dass „das über den Neckar gespannte Bauwerk keine Reserven mehr hat, die Verkehrslast zu tragen“, so Hauck.

Spannglieder teilweise gebrochen

Vergangene Woche habe man an mehreren Stellen den Beton entfernt, anschließend die Spannglieder unter die Lupe genommen. „Bei diesen Stichproben wurden umfangreiche Schäden festgestellt. Die Glieder sind teilweise verrostet, teilweise gebrochen.“ Wie schlecht der Gesamtzustand der Brücke ist, lasse sich aus Sicht des Experten nur erahnen. „Wir sehen nicht in das komplette Bauwerk hinein.“ Ein Problem sei jedoch, dass bei der Erbauung in der Nachkriegszeit das Material knapp war. „Dementsprechend wurde damals sehr filigran gebaut und auf große Lastreserven verzichtet.“

Staus sind unvermeidbar

Die Sperrung, die auch schon in Navigationsgeräten vermeldet wird, sei „schweren Herzens“ errichtet worden, so Hauck. „Schließlich weiß ich, wie die Verkehrssituation in Bad Cannstatt ist.“ Staus seien unvermeidbar. „Der Durchgangsverkehr sollte den Bereich großräumig umfahren. Wir bitten um Verständnis für die Sperrung. Es gibt aber keine Alternative, schließlich geht es um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger.“

Pfeiler als Stützen

Um die Einschränkungen zu reduzieren, sollen zeitnah Maßnahmen erarbeitet werden, wie die Brücke in einigen Monaten mindestens teilweise wieder geöffnet werden kann. „Wir prüfen, wie man die Tragfähigkeit erhöhen kann“, sagt Hauck. Denkbar sei, das Bauwerk von unten mit massiven Pfeilern, die dann neben der Fahrrinne im Neckar stehen, zu stützen. Eine Dauerlösung werden diese aber nicht darstellen. Wie berichtet hält das Tiefbauamt einen Abriss der Brücke für erforderlich. „Ein Neubau wird sicherlich einige Jahre dauern“, sagt Hauck, der sich nicht genauer festlegen möchte. „Unter anderem weil die Widerlager des Bauwerks in einem Mineralwasserschutzgebiet liegen, lässt sich solch ein Ersatz nicht schnell umsetzen.“

Weitere Brücken nicht betroffen

Auslöser für die Überprüfung waren neue Erkenntnisse des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zu Schäden an Spannbetonbrücken. In einem Schreiben wurde die Stadt Stuttgart Ende 2021 darüber informiert, dass auch die Rosensteinbrücke aufgrund des Bauverfahrens und des verwendeten Materials betroffen sein könnte. Der Verdacht hat sich bestätigt. „Weitere Brücken sind in Stuttgart aber nicht betroffen“, sagt Hauck, der betont, dass das Schadensbild nicht bei der alle sechs Jahre stattfindenden Hauptuntersuchung hätte auffallen müssen. „Er ist sehr versteckt, wurde erstmals zufällig bei einem Brückenabriss bemerkt.“