Im Januar besuchte das mobile Impfteam das Pflegezentrum Paulinenpark. Bald könnte es zur Drittimpfung vorbeischauen. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Am 1. September beginnen die Auffrischungsimpfungen. Auch an Schulen soll nach den Ferien geimpft werden. Doch die Impfzentren schließen bald. Reichen dann die Kapazitäten?

Stuttgart - Für die Auffrischungs- oder Drittimpfung gegen Covid-19 gibt es eine verbindliche Empfehlung der Gesundheitsministerkonferenz: Von 1. September an können besonders vulnerable Personengruppen auf Wunsch ihren Corona-Impfschutz aktualisieren lassen. Die Kapazitäten dafür sind knapp.

Ärzte sollen das Impfen übernehmen

Vorgesehen ist die Drittimpfung unter anderem für Menschen ab 80 Jahren, für Bewohner und Bewohnerinnen (teil-)stationärer Einrichtungen und für Menschen mit relevanter angeborener oder erworbener Immunschwäche. Sie sei auch für alle Personen gedacht, die bisher ausschließlich mit einem Vektorimpfstoff (Johnson & Johnson oder Astrazeneca) geimpft worden sind sowie auf Wunsch für Pflegekräfte.

Für die Kreisimpfzentren, auch für das Impfzentrum am Robert-Bosch-Krankenhaus (RBK), fällt allerdings am 30. September der Vorhang. Die Landesregierung geht davon aus, dass von Oktober an die niedergelassenen Ärzte und Betriebsärzte diese Aufgabe übernehmen können. Die Heime hingegen sollen, wie schon bei Erst- und Zweitimpfungen, von landesweit noch 18 mobilen Impfteams angesteuert werden, auch über den 30. September hinaus.

Mobile Teams sind ausgelastet

Zu wenig, wie es scheint. Der medizinische Direktor des RBK, Mark Dominik Alscher, sagt: „Es gibt 60 Pflegeheime in Stuttgart, die versuchen im Moment, die Impfung über uns zu organisieren. Wir haben im Moment zwei mobile Impfteams, sehen aber, das reicht nicht aus und erhöhen deren Zahl jetzt auf fünf – zuungunsten der Impfzentren, wo wir dann eben weniger Impfungen anbieten können. Wir haben auch Anfragen aus den Kreisen Ludwigsburg und Rems-Murr, aber das schaffen wir nicht, das muss ich den Landräten heute sagen.“

Das Impfzenrum ist ab September außerdem Anlaufstelle für Drittimpflinge, die zwischen Dezember 2020 und Februar 2021 erstgeimpft worden sind und sich damals eigenständig einen Termin besorgt haben. Und: Auch Bildungseinrichtungen bemühen sich um Impfaktionen. Die Universität Stuttgart habe um Impfkapazität gebeten, allerdings zu einem Zeitraum nach dem 30. September, weshalb das Robert-Bosch-Krankenhaus diese Anfrage abschlägig beantwortet habe. Außerdem soll es an allen weiterführenden Schulen, Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren und Schulen freier Träger nach den Ferien Impfaktionen geben. Hintergrund: Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat die Impfungen auch für Kinder und Jugendliche im Alter von zwölf bis 17 Jahren empfohlen.

Schulen sollen eigene Impfangebote machen

Am Dienstag informierte das Sozialministerium gemeinsam mit dem Kultusministerium die Schulen deshalb in einem Brief über ihre Pläne. Darin heißt es: „Wenn Sie als Schule ein eigenes Impfangebot machen möchten, können Sie mit dem Impfzentrum in Ihrer Region in Kontakt treten, um entweder Möglichkeiten für ein eigenes Terminfenster für die Klassen Ihrer Schule am Impfzentrum oder auch für den Einsatz eines mobilen Impfteams an Ihrer Schule zu klären.“

Dieser Plan kollidiert mit der Auslastung der mobilen Impfteams, aber auch damit, dass die Sommerferien noch bis zum 11. September dauern und die Impfaktionen mit den Eltern abgestimmt und organisiert werden müssen. Wie lange die mobilen Impfteams im Einsatz bleiben dürfen, ist offen: „Bisher hat das Land nur mündlich bei uns angefragt, ob wir sie auch über den 30. September hinaus betreiben würden, was wir natürlich zugesagt haben“, so Alscher. In Anbetracht der steigenden Infektionszahlen ist der medizinische Direktor des Robert-Bosch-Krankenhauses froh über jeden, der zur Impfung bereit ist, froh auch, dass das Land bei der Drittimpfung „nicht zu puristisch“ vorgehe und diese öffne für einen Kreis über die Hochaltrigen hinaus.

„Ich würde mir aber wünschen, dass wir im September die Lage sehr aufmerksam im Auge behalten und notfalls die Beschlüsse zur Schließung der Impfzentren korrigieren“, sagt er, „ich hoffe, die Politik ist da entsprechend flexibel.“

Fakten zur weiteren Impfkampagne

Wer kann geimpft werden?
Personen, die das 80. Lebensjahr vollendet haben, Bewohner von (teil-)stationären Pflegeeinrichtungen und aus der Wohnungslosenhilfe, Personen mit relevanter angeborener oder erworbener Immunschwäche (auch medikamentöser Immunsuppression oder onkologischer Therapie), ambulant betreute Pflegebedürftige, vulnerable Klienten der ambulanten Eingliederungshilfe, Personen, die bisher ausschließlich mit einem Vektorimpfstoff geimpft wurden (Astrazeneca, Johnson & Johnson), unabhängig vom Alter. Für alle gilt: Die Drittimpfung ist frühestens sechs Monate nach Abschluss der ersten Impfserie/Impfung möglich.

Was gilt für Pflegekräfte?
Beschäftigte wie etwa Pflegekräfte, die in den genannten Einrichtungen, ambulanten Pflege- oder Betreuungsdiensten sowie in medizinischen Einrichtungen mit vulnerablen Gruppen (Onkologie oder Transplantationsmedizin) arbeiten, wird eine Auffrischimpfung derzeit nicht grundsätzlich empfohlen. Bei individuellem Wunsch und nach entsprechender ärztlicher Aufklärung ist diese jedoch ebenfalls ab 1. September 2021 möglich.

Muss man Termine buchen?
Man muss nicht, aber man kann es tun über das krankenhauseigene Online-Buchungssystem https://terminapp.rbk.de/. Möglich sind von Montag bis Sonntag von 7 bis 20.30 Uhr auch Impfungen ohne Termin, dabei könne es jedoch zu Wartezeiten kommen. Verwendet werden die Impfstoffe von Biontech und Moderna. Alternativ können Termine auch vereinbart werden unter Telefon 116 117 oder online unter www.impfterminservice.de.