Ein Bürgerbegehren wendet sich gegen Pläne, die Gleise am Hauptbahnhof zu bebauen. Foto: IMAGO/imagebroker

Kurz vor Ende der Unterschriftensammlung zum Bürgerbegehren gegen die Bebauung der Gleise werfen die Initiatoren der Stadt vor, mit neuen Planungsaufträgen Fakten schaffen zu wollen.

Die Initiatoren eines Bürgerbegehrens, das den Bebauungsplan für einen Großteil der oberirdischen Gleise in Stuttgart stoppen soll, erheben schwere Vorwürfe gegen die Stuttgarter Stadtverwaltung. Hannes Rockenbauch, Stadtrat der Linksfraktion und eine der drei Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens wirft der Stadt einen „besonders dreisten Versuch, das Bürgerbegehren zu übergehen und in überheblicher Weise Fakten zu schaffen“ vor.

Auslöser der Verärgerung ist die Tagesordnung des gemeinderätlichen Ausschusses für Stadtentwicklung und Technik (STA). Der soll am 14. Oktober – und damit einen Tag bevor die Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren endet – den Auftrag für die Planungen der Freiflächen und der Wegeführung im sogenannten A-2-Areal vergeben. So bezeichnet die Stadt die Gleisflächen zwischen dem Ende der heutigen Bahnsteige und den Bahnbrücken über die Wolframstraße.

Pläne für Gleisflächen: werden Ressourcen verschwendet?

Dass nun Planungen für das Gebiet vergeben werden sollen, noch ehe die Frist zur Sammlung der für ein Bürgerbegehren notwendigen Unterschriften abläuft, stößt den Initiatoren sauer auf. Dem Bürgervotum – so es denn zustande kommt – würde durch die Vergabe der Aufträge in unzulässiger Weise vorgegriffen, sagt Rockenbauch und warnt vor Risiken für den städtischen Etat. „Wenn das Bürgerbegehren zulässig ist und eine Mehrheit beim Bürgerentscheid findet, sind diese Planungen nicht nur obsolet, sondern ein Fall von Geld- und Ressourcenverschwendung“.

Über den Bebauungsplan für die Fläche A2 wird gestritten. Foto: LHS Stuttgart/Stadtmessungsamt

Das Bürgerbegehren würde sich gegen den von der Stadt angestoßenen Prozess wenden, an dessen Ende der Bebauungsplan steht. Der jetzige Verfahrensstand ist die einzige Möglichkeit, dass Gegner des Vorhabens noch einen Fuß in die Tür bekommen. Laut Gemeindeordnung können Bürgerentscheide nicht über Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften abgehalten werden – eine Ausnahme gilt nur zu Beginn des Planungsprozesses.

Die wollen die Initiatoren des Bürgerbegehrens nutzen. Bis 15. Oktober müssen sie hierfür 20.000 in Stuttgart Wahlberechtigte dazu bringen, das Anliegen mit ihrer Unterschrift zu unterstützen. Durch das Vorgehen der Stadt will man sich nicht bremsen lassen. „Für uns ist dieses überhebliche Vorgehen der Verwaltungsspitze Ansporn, jetzt noch viel mehr Unterschriften zu sammeln und ein starkes Signal gegen die Bebauung des A2-Geländes zu setzen“, sagt Johanna Tiarks, Sprecherin der Linksfraktion Johanna Tiarks im Gemeinderat.

Initiatoren reagieren auf Gäubahn-Urteil

Hannes Rockenbauch nimmt eine aktuelle Entwicklung auf. Wie von unserer Redaktion berichtet, hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) die Anträge des Landesnaturschutzverbandes und der Deutschen Umwelthilfe auf Berufung gegen Urteile des Verwaltungsgerichts Stuttgart zurückgewiesen. Die beiden Verbände waren in der ersten Instanz mit dem Versuch gescheitert, die im Bauablauf von Stuttgart 21 vorgesehene Unterbrechung der Gäubahnstrecke zwischen dem Haupt- und dem Nordbahnhof zu untersagen. Nach der Entscheidung des VGH ist dagegen keine Berufung möglich. „Für uns bedeutet das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs: Es ist jetzt umso wichtiger, den politischen Hebel des Bürgerbegehrens zu stärken und auf diesem Wege die Kappung der Gäubahn effektiv zu verhindern. Wir werden im Endspurt alles geben, damit wir deutlich 20.000 Unterschriften für das Bürgerbegehren bekommen“, sagt Rockenbauch.