Hunderte Züge der SSB fahren täglich auch durch Wohngebiete. Foto: Achim Zweygarth

Immer mehr direkte Anwohner des Stadtbahn-Liniennetzes klagen über eine erhöhte Lärmbelastung. Eine Bürgerinitiative in Stuttgart will erreichen, dass die Züge in den Problembereichen langsamer fahren.

Stuttgart - Mehr als 500 Stadtbahnen passieren an einem Werktag die Strecke zwischen den Stuttgarter Filderstadtteilen Vaihingen und Möhringen. Die damit verbundene Lärmbelastung für die direkten Anwohner kennt Jürgen Häberle gut, der in der Ernsthaldenstraße in Vaihingen in unmittelbarer Gleisnähe wohnt. „Neulich hatten wir einen Handwerker im Haus. Der ist ganz zusammengezuckt, als ein Zug bei geschlossenen Fenstern vorbeigefahren ist“, sagt Häberle, der im Sommer 2019 zusammen mit elf weiteren betroffenen Anwohnern die Bürgerinitiative „Reduzierung Stadtbahnlärm“ gründete.

Diese stößt inzwischen auf Resonanz im gesamten Stadtgebiet. „Wir haben bestärkende Rückmeldungen im dreistelligen Bereich – und das aus ganz Stuttgart“, sagt Häberle, „die Lärmproblematik ist ein stadtweites Thema und muss jetzt angegangen werden.“ Denn gerade in jüngster Zeit sei durch den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) die Lärmbelastung in vielen Stuttgarter Wohnungen nochmals deutlich angestiegen. „Es quietscht und dröhnt und poltert. Das kann auch eine Schallisolierung kaum abschwächen“, sagt Häberle, der aber auf eines Wert legt: „Wir sind nicht gegen den Stadtbahn-Verkehr an sich. Viele Mitglieder unserer Bürgerinitiative fahren täglich mit den SSB.“ Allerdings müsse der Ausbau des ÖPNV zwingend mit Maßnahmen zum Lärmschutz einhergehen.

Reduzierte Geschwindigkeit: Verspätungen sollen sich in Grenzen halten

Zwei Kernforderungen stellt die Initiative mit Blick auf den täglichen Fahrbetrieb: Zum einen sollen die Wartungsintervalle an Gleisen und Fahrzeugen verkürzt werden, etwa durch häufigeres Schleifen und Schmieren. „Wenn alles gut in Schuss ist, ist auch das Fahrverhalten ruhiger“, sagt Häberle und verweist auf die Verkehrsbetriebe Heilbronn, die inzwischen auf eine Gleisschmieranlage gegen den Schienenlärm setzen. Zum anderen fordern die Mitglieder der Initiative, dass die Züge in den Problembereichen langsamer und damit leiser fahren. Die damit verbundenen längeren Fahrzeiten sieht Häberle nicht als großes Problem, da die Reduzierung der Geschwindigkeit nur auf kurzen Teilstrecken erfolgen soll: „Wenn ein Zug 200 Meter lang ein bisschen langsamer fährt, bringt das nicht gleich alles durcheinander. Zudem gibt es im Straßenverkehr ja auch Tempo-30-Zonen aus Gründen des Lärmschutzes.“ Auch der Fahrplan müsse nicht gleich geändert werden: „Da ist ein gewisser Spielraum da. Die Fahrzeiten variieren durch Baustellen oder unterschiedlich lange Ein- und Ausstiegszeiten ohnehin immer ein bisschen.“

Nächstes Gespräch mit der SSB am 19. August

Inzwischen ist Bewegung in die Sache gekommen. „Unsere Fachleute stehen zu den entsprechenden Themen im Austausch mit der Bürgerinitiative“, sagt Birte Schaper, Leiterin der SSB-Pressestelle. Am 15. Juni fand ein erstes Gespräch statt, an dem neben Vertretern des Stuttgarter Amtes für Umweltschutz auch drei SSB-Verantwortliche teilnahmen – die Leiter für die Bereiche Gleisbau, Fahrzeugtechnik und Betrieb. „Das verlief konstruktiv und harmonisch, wir haben die Ziele ausgetauscht“, sagt Häberle, der sich für solche Fragen einen Stuttgarter Lärmschutzbeauftragten wünschen würde.

Auf baden-württembergischer Ebene hat der Landtagsabgeordnete Thomas Marwein (Grüne) diese Aufgabe inne. „Wir sind gerade dabei, zu ihm den Kontakt aufzubauen“, sagt Häberle. Für den 19. August ist ein zweites Treffen mit den SSB-Vertretern und dem Amt für Umweltschutz geplant, nach dem dann eventuell schon konkrete Vorschläge an den Gemeinderat zur Bewilligung von Geldmitteln gehen sollen.