Direktorin Christiane Lange will mit der Staatsgalerie auch 2023 begeistern Foto: dpa/dpa

US-Starkünstlerin Cindy Sherman und Amedeo Modigliani sollen 2023 das Publikum für die Staatsgalerie Stuttgart begeistern. Warum gerade diese? Direktorin Christiane Lange antwortet.

2023 will die Staatsgalerie Stuttgart ihren aktuellen Höhenflug bestätigen – US-Starkünstlerin Cindy Sherman und die Stille von Amedeo Modigliani sollen das Publikum begeistern. Warum gerade diese? Staatsgaleriedirektorin Christiane Lange gibt Antworten.

Frau Lange, Cindy Sherman ist viel gezeigt, viel gesehen. Was wird die Schau in der Staatsgalerie besonders machen?

Die Ausstellung „Anti-Fashion“ wird das Werk Cindy Shermans aus einer neuen Perspektive beleuchten und ihre Fotografien zum ersten Mal mit dem Fokus auf das Thema Mode zeigen. Denn dieser Aspekt zieht sich wie ein roter Faden durch ihr gesamtes Schaffen. Dabei wird das Wechselspiel zwischen Mode und Kunst deutlich.

Inwiefern?

Wir sehen, welche Inspirationen Sherman als Künstlerin aus ihren kommerziellen Aufträgen und Kooperationen mit renommierten Modelabels und Zeitschriften zieht und umgekehrt, welch wichtige Impulse und Einflüsse ihre Arbeit der Modewelt gibt. Durch das Medium der Fotografie sind Mode und bildende Kunst seit jeher im Dialog – Cindy Sherman stellt darüber hinaus jedoch das ganze System mit all seinen Abgründen in Frage.

Was mit einem Klassiker zu bewirken ist, zeigt sich aktuell bei George Grosz. Modigliani aber ist doch eher leise – werden Sie hier das Publikum begeistern?

Zuallererst: Modigliani ist doch nicht leise! Ganz im Gegenteil, bereits zu Lebzeiten hat er Skandale provoziert. Nicht durch das Auflösen der Form, wie die Avantgardisten seiner Zeit, sondern durch neue Perspektiven auf scheinbar althergebrachte Sujets wie Porträt oder Akt.

Modigliani entdeckt einen neuen Personentyp

Was zeichnet diese „neuen Perspektiven“ aus?

In Amedeo Modiglianis Werken kristallisiert sich ein neues Menschenbild heraus, das sich schon während des ersten Weltkriegs in ganz Europa ankündigt. Die selbstbewusste, androgyne Frau mit Bubikopf prägt das Bild der 1920er-Jahre, doch Modigliani entdeckt die emanzipierten – heute würden wir sagen genderfluiden – Personen schon in den Jahren davor für seine Kunst. Unsere Ausstellung identifiziert die bislang meist namenlosen Protagonistinnen seiner Gemälde und stellt uns einen aufregenden Kreis internationaler Künstlerinnen und Künstler vor.

„Moderne Blicke“ der Zeit

Modigliani als eine Art künstlerischer Dreh- und Angelpunkt?

So würde ich es vielleicht nicht formulieren. Aber wir zeigen durch den erstmaligen Dialog seiner Werke mit Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern aus anderen europäischen Metropolen wie Wien oder Berlin, dass er mit seiner neuen Sicht auf den Menschen nicht allein war, sondern solch „moderne Blicke“, sowohl aktiv als auch passiv, in dieser Zeit an verschiedenen Orten geworfen wurden.

Das klingt jetzt fast schon wieder kompliziert. Wird das Publikum der Staatsgalerie-Sicht auf Amedeo Modigliani folgen wollen?

Wie Monet oder Picasso ist Modigliani ein wahrer Publikumsmagnet und wir freuen uns ihn nach fast 15 Jahren wieder in Deutschland präsentieren zu können.

Staatsgalerie Stuttgart 2023

Cindy Sherman
21. April bis zum 10. September

Amedeo Modigliani
24. November 2023 bis 17.März 2024; anschließend im Museum Barberini in Berlin; Rund 100 Gemälde und Arbeiten auf Papier des italienischen Künstlers werden Werken aus Modiglianis Pariser Umfeld gegenübergestellt, darunter Arbeiten von Gustav Klimt, Egon Schiele und Wilhelm Lehmbruck.