Dieseltanken hat sich in den vergangenen Monaten deutlich verteuert. Foto: imago/Rolf Poss

Die Preisschere zwischen Diesel und Benzin klafft derzeit enorm auseinander: Im Durchschnitt sind es in Stuttgart mehr als 30 Cent Unterschied. Woran liegt das?

Früher war Diesel an der Tankstelle immer günstiger als Benzin. Seit einigen Monaten hat sich das – mit einer kurzen Pause im Mai – umgekehrt. Aber nicht nur das: Die Differenz nimmt zu. Laut dem Preisportal Clever Tanken lag der durchschnittliche Dieselpreis an Stuttgarter Tankstellen am Dienstag bei 2,030 Euro, Benzin E10 kostete 1,675 Euro. Das ist eine extreme Differenz von 0,355 Euro.

Doch warum ist das so? Einer der Gründe liegt im unterschiedlichen Tankrabatt für die beiden Kraftstoffarten. Bei Benzin hat die Regierung vom 1. Juni bis Ende August auf etwa 35 Cent Energie- und Mehrwertsteuer verzichtet. Bei Diesel waren es nur rund 17 Cent. Nach knapp drei Wochen im Mai, in denen Diesel günstiger war als Benzin, kippte damit das Verhältnis am Tag der Einführung des Tankrabatts am 1. Juni. Seither ist Diesel wieder teurer als Benzin – mit zunehmender Tendenz.

Zwei Faktoren beeinflussen die aktuellen Preise

Aktuell schlagen zwei weitere Faktoren zu: Zum einen, so argumentiert ein Sprecher des Automobilverbandes ADAC, sei der Ölpreis wieder auf über 100 Dollar pro Barrel (159 Liter) angestiegen, was zu einem grundsätzlichen Anstieg der Kraftstoffpreise führe. „Zum anderen ist davon auszugehen, dass von der Industrie derzeit vermehrt Heizöl gekauft wird, welches dem Diesel sehr ähnlich ist, um auf potenzielle Gasausfälle im Herbst und Winter reagieren zu können. Dies führt dann auch zu einem Anstieg des Dieselpreises“, so der ADAC-Sprecher.

Steffen Bock, Gründer und Geschäftsführer von Clever Tanken, verweist zudem auf ein verändertes Einkaufsverhalten von privaten Heizölkäufern: „Normalerweise stocken die Haushalte ihre Heizölvorräte im Herbst auf. In diesem Jahr aber tun sie das bereits seit dem Frühjahr – aus Angst vor weiter steigenden Preisen aufgrund der Ukraine-Krise. Das stützt den Dieselpreis und verteuert ihn gegenüber Super E10“, so Bock.

Vom Wirtschaftsverband Fuels und Energie heißt es auf Anfrage, dass derzeit viele Betriebe wegen der sich abzeichnenden Erdgas-Knappheit auf Diesel und das technisch verwandte Raffinerieprodukt Heizöl umsteigen würden. Während aber der Benzin-Bedarf fast vollständig durch die deutschen Raffinerien bedient werden könne, sei Deutschland zur Abdeckung des Diesel-Bedarfs auf Importe aus dem Ausland angewiesen, wo man mit ähnlichen Problemen konfrontiert sei.
„Gleichzeitig hat die EU beschlossen, dass die Mitgliedsstaaten bis Anfang 2023 aus den für Deutschland wichtigen russischen Dieselimporten aussteigen müssen“, so ein Sprecher des unter dem Namen en2x firmierenden Verbandes. „Das bedeutet: Es besteht eine Knappheit an Diesel an den europäischen Mineralölprodukt-Märkten.“ Der Verzicht auf russische Dieseleinfuhren ist eine Folge des von der EU Ende Mai beschlossenen Ölembargos.

Sinken die Preise auch wieder?

Auf steigende Preise an der Zapfsäule müssen sich die Verbraucher ohnehin spätestens von kommender Woche an einstellen. Denn am Donnerstag, den 1. September fällt der Tankrabatt, die vorübergehende Senkung der Energiesteuer und die darauf anfallende Mehrwertsteuer, wieder weg. Schon jetzt sind laut ADAC deshalb Preissteigerungen an den Tankstellen zu beobachten – Grund sei vermutlich eine höhere Nachfrage mit Blick auf einen drohenden Preissprung in der kommenden Woche, vermutet der Club.

Im Süden Deutschlands werden derzeit generell deutlich höhere Preise als im Norden und der Mitte aufgerufen. Unter anderem durch die hohen Transportkosten aufgrund des Niedrigwassers im Rhein müssen Menschen im Süden im Schnitt mehr für Sprit bezahlen als im Norden.

Allgemein empfiehlt es sich, vor der Entscheidung für eine Tankstelle Preise zu vergleichen und wenn möglich abends zu tanken, weil die Preise vormittags im Mittel höher sind als in den Abendstunden.