Hedelfingen - Eigentlich scheut Ramazan Baygün, der Träger des fünften DAN im Taekwondo, keine Herausforderung, ist stets Optimist. Ende Oktober suchte er aber Unterstützung vom Bezirksbeirat. Seit 1999 gibt der Sportfachwirt und Gewaltpräventionstrainer in der Sportschule Hedelfingen Kurse, bringt Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen die koreanische Kampfkunst Taekwondo bei. Er hat sich längst in den Oberen Neckarvororten etabliert, 2004 einen Verein gegründet und seitdem Spitzenathleten – darunter einen Jugend-Vizeeuropameister – ausgebildet. Die Sportschule in der Ruiter Straße ist mehr als nur eine Trainingshalle. „Dort treffen sich auch die Eltern der Kinder und Jugendlichen während des Trainings. Es hat sich so etwas wie eine Familie gegründet. Wir leisten Integrationsarbeit“, erzählt Baygün im Rahmen der Bezirksbeiratssitzung. Denn er sieht jetzt die geleistete Aufbauarbeit in Gefahr. Ende September hat der Verein ein Schreiben seines Vermieters erhalten. Nach 20 Jahren wurden dem Verein die Räume auf Ende des Jahres gekündigt. Da es sich um gewerbliche Flächen handeln würde und damals vertraglich geregelt wurde, dass sich der Vertrag immer um ein Jahr verlängere, sei dies rechtens, hat Baygün vom Mieterverein erfahren. Bis vor wenigen Tagen hoffte er noch, dass er sich mit dem Vermieter auf eine Verlängerung einigen könne. „Doch jetzt muss ich davon ausgehen, dass wir bis Ende des Jahres die Räume verlassen müssen.“

In den vergangenen Wochen haben er und seine Mitstreiter verzweifelt nach Ersatzräumlichkeiten gesucht. Bezirksvorsteher Kai Freier hat den Kontakt zum Amt für Sport und Bewegung aufgebaut. Auf die Schnelle konnten jedoch keine geeigneten Räume gefunden werden. „Uns reicht ein etwa 120 Quadratmeter großer Raum für Training und Kurse. Schön wäre es, wenn wir davor noch einen Vorraum hätten“, berichtet Baygün. In der Sportschule in der Ruiter Straße hat er einen Aufenthaltsraum mit Stühlen und Tischen, einem Kaffeeautomaten und gemütlichen Sitzecken eingerichtet. Dort würden nicht nur die jungen Taekwondo-Sportlerinnen und -Sportler vor und nach dem Training noch verweilen, sondern auch die Eltern. „Sie begleiten ihre Kinder, schauen ihnen zu und kommen auch mit anderen Eltern ins Gespräch. Dadurch haben sich über Kulturgrenzen hinweg Freundschaften innerhalb der Familien gebildet“, erzählt Baygün. Er versteht seine Vereinsarbeit nicht nur als reine Technik- oder Krafttraining. „Unsere Stärke ist, dass wir viele Kinder bereits vom Grundschulalter betreuen, sie behutsam Gürtel und Gürtel weiterentwickeln, aber auch in die Gemeinschaft integrieren.“ Baygün weiß, wovon er spricht. Denn er ist nicht nur Leistungssport- sondern auch Schulsporttrainer. Innerhalb der vergangenen zwei Jahrzehnte hat er etliche jugendliche Rabauken zu Topleistungssportlern ausgebildet, die als Erwachsene weiter im Verein trainieren oder sogar selbst Kurse geben. Bei den württembergischen Meisterschaften belegen die Hedelfinger regelmäßig Treppchenplätze, holen Deutsche-Meister-Titel und mit Patrick Kuzenko hat der Verein sogar einen zweifachen Vize-Jugend-Europameister in seinen Reihen.

Und jetzt das abrupte Aus? Ende vergangener Woche hat er den Eltern die Situation per Mail oder Video-Botschaft – wegen den Corona-Bestimmungen gibt es keinen Präsenzunterricht – geschildert. „Vor allem die Kinder waren schockiert“, bedauert er. Während die Jugendlichen und Erwachsenen ihm und seinen Trainern signalisiert hätten, dass sie dem Verein auch in eine Nachbarkommune folgen würden, hätten die Eltern angedeutet, dass dann der Weg zu weit würde. „Wir sollten im Stadtbezirk bleiben, um die erfolgreiche Jugendarbeit nicht zu gefährden“, sagt Baygün. Interimsweise könnte sich Freier vorstellen, einen Raum im Bürgerhaus bereitzustellen. Aber auch er schaut für den Verein nach einer längerfristigen Lösung um.

Wer geeignete Trainingsflächen anbieten könnte, darf sich gerne bei Ramazan Baygün von der Sportschule Hedelfingen unter der Telefonnummer 213 09 299 oder der Mobilfunknummer unter 0160 369 12 32 melden.