Der VfB Stuttgart verlor mit 1:0 gegen Wolfsburg. Foto: Pressefoto Baumann/Cathrin Müller

Gelten für die Fußball-Bundesliga eigene Regeln? Diese Frage kommt immer auf, wenn ein Fußballspiel trotz mehrerer positiver Corona-Tests nicht abgesagt wird. Die Partie Wolfsburg gegen Stuttgart war so ein Beispiel. Es fand am Sonntag statt.

Wolfsburg - Die Frage ist beinahe so alt wie diese Bundesliga- Saison. „Wie macht der Fußball das?“, sagte etwa der Basketball-Profi Malte Ziegenhagen von den Niners Chemnitz der Zeitung „Freien Presse“. „Bei Fußball-Bundesligisten wird der positiv Getestete isoliert und der Betrieb läuft weiter. Meine Teamkollegen wurden nach einem neuen Fall wieder komplett zurück in die Quarantäne geschickt.“

Befeuert wurde diese Diskussion jetzt noch einmal rund um das letzte Bundesliga-Spiel dieses Jahres zwischen dem VfL Wolfsburg und dem VfB Stuttgart (1:0). Die beiden Wolfsburger Spieler Maximilian Arnold und Jerome Roussillon wurden am Tag vorher positiv auf das Coronavirus getestet. Es waren bereits die Coronafälle zwei und drei innerhalb nur einer Woche bei den Niedersachsen, nachdem schon am Dienstag der Brasilianer William in Quarantäne geschickt werden musste.

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Das Spiel gegen Stuttgart fand aber trotzdem statt. Und in der häuslichen Isolation befinden sich neben den drei positiv Getesteten nur noch drei weitere Spieler des VfL, die vom Gesundheitsamt als unmittelbarer Kontakt von Arnold und Roussillon eingestuft wurden.

Entscheidung des Gesundheitsamtes

Die Wolfsburger sagen klar: Das Spiel zu erlauben und nicht etwa die komplette Mannschaft in Quarantäne zu schicken, war eine Entscheidung des Gesundheitsamtes. Die Stadt Wolfsburg bestätigte am Montag auf Nachfrage: „In den Tagen möglicher Infektiosität hatten die beiden Spieler privaten und längeren Kontakt zu drei weiteren Spielern, die trotz negativer Testergebnisse als Kontaktpersonen der ersten Kategorie eingestuft und unter Quarantäne gestellt wurden.“ Für alle anderen Spieler des Kaders galt das nicht, „da sie nur den üblichen Trainingskontakt hatten und zudem negativ getestet wurden“.

Der Gegner aus Stuttgart hatte kein Problem mit dieser Entscheidung, im Gegenteil: „Es kam nicht in einer Sekunde die Bitte oder der Gedanke auf, das Spiel nicht zu spielen. Man kann die Wolfsburger nur extrem dafür wertschätzen, dass sie das als Rahmenbedingung angenommen haben“, sagte Sportdirektor Sven Mislintat der Deutschen Presse-Agentur. „Es gibt Regeln für den Sport, für uns, für die Gesellschaft. Die akzeptieren und respektieren wir. Das Entscheidende ist für mich, dass wir kein größeres Infektionsrisiko für die Gesamtbevölkerung dadurch waren, dass wir dieses Spiel gespielt haben. Das sollte immer der Ansatz sein und dem werden wir gerecht.“

Trotzdem fällt auf: In der Fußball-Bundesliga gab es an den ersten 13 Spieltagen dieser Saison keinen einzigen coronabedingten Spielausfall, während die Handball-Bundesliga in den kommenden Wochen noch acht Partien nachholen muss. Auch in der zweiten und dritten Fußball-Liga wurden ganze Mannschaften in Quarantäne geschickt und Spiele kurzfristig abgesetzt. So die Partie zwischen den Würzburger Kickers und dem FC St. Pauli am vergangenen Mittwoch. Auslöser war der positive Corona-Test bei einem Physiotherapeuten der Kickers.

Kontaktermittlung nahm mehrere Stunden in Anspruch

Der Unterschied zum Wolfsburg-Spiel liegt darin: In Würzburg ließ sich zumindest kurzfristig nicht mehr ermitteln, mit welchem Spieler der Mann Kontakt hatte und mit welchem nicht. Weitere Corona-Fälle konnten deshalb zunächst nicht ausgeschlossen werden.

Beim VfL dagegen nahm diese Kontaktermittlung zwar am Samstag mehrere Stunden in Anspruch - konnte aber rechtzeitig bis zum Spieltag abgeschlossen werden. Den Wolfsburgern half dabei, dass bestimmte Vorsichtsmaßnahmen aus der Phase des ersten Lockdowns im Frühjahr bei ihnen noch immer gelten und bei kleineren Handball- oder Fußballclubs infrastrukturell gar nicht umgesetzt werden können. So ziehen sich die Spieler auf dem modernen Vereinsgelände immer verteilt auf mehrere Umkleidekabinen um. Auch vor und nach dem Training.

„Klar ist, dass Sportarten, die draußen stattfinden, durch die Luftbewegung und den größeren Raum ein wahrscheinlich niedrigeres Infektionsrisiko haben“, sagte der Experte Florian Kainzinger der ARD-Sportschau bereits im November. Der Gesundheitsökonom arbeitete das Hygienekonzept der Basketball-Bundesliga aus und berät auch die DFL in dieser Corona-Zeit. Er glaubt, dass das größte Infektionsrisiko für Fußballer, Handballer oder Basketballer nicht auf dem Spielfeld oder Trainingsplatz besteht, sondern „eher im Zusammensein der Mannschaft: Also sprich Umkleidekabine, sprich Mittagsessen, Abendessen, gemeinsame Reisen im Bus.“

„Infektionsrisiko so weit wie möglich reduzieren“

Genau diese Bereiche überprüften Verein und Gesundheitsamt am Wochenende auch in Wolfsburg. Der Trainingsbereich wird aufgrund des Hygienekonzepts der DFL dagegen als sicher eingestuft. Dort achte der VfL „streng auf die erforderlichen Abstände und weiteren Regelungen, die das Infektionsrisiko so weit wie möglich reduzieren“, heißt es in der Stellungnahme der Stadt. „Daher ist unserer Einschätzung nach für alle Spieler, die nicht als Kontaktperson der 1. Kategorie einzustufen sind, eine Quarantäne nicht erforderlich.“

Ob die drei Kontaktpersonen Maximilian Philipp, Xaver Schlager und Tim Siersleben am Mittwoch (18.30 Uhr/Sky) im DFB-Pokal gegen den SV Sandhausen wieder spielen können, ist noch nicht entschieden. „Wir unternehmen alles, um hier gesund durchzukommen“, sagte Trainer Oliver Glasner dem NDR. Aber „es scheint relativ schwierig zu sein, diesem teuflischen Virus zu entkommen“.